Der Internationale Tag der Muttersprache in der Frankophonie

Dieser Artikel wurde von Samy Boutayeb, Claire Ulrich und Suzanne Lehn verfasst.

Der Tag der Muttersprachen wird weltweit am 21. Februar gefeiert. Dieser bereits recht fest etablierte Feiertag rückt Sprachen und die zu ihrem Erhalt unternommenen Anstrengungen in den Vordergrund.

Es ist wenig bekannt, dass es die Bengalen waren, die diesen Feiertag aus Patriotismus heraus im heutigen Bangladesch begründet [en] haben:

Der 21. Februar wurde als Internationaler Tag der Muttersprache gewählt, um der Märtyrer zu gedenken, die an diesem Tag im Jahr 1952 ihr Leben gegeben haben, um die Würde ihrer Muttersprache Bengali zu verteidigen. Dies war eines der wenigen Beispiele in der Geschichte, bei dem Menschen aus Liebe zu ihrer Muttersprache furchtlos ihr Leben geopfert haben.

In Bangladesch ist der 21. Februar ein Feiertag, während er in anderen Ländern begangen wird, ohne gesetzlicher Feiertag zu sein.
Der Tag wurde im Jahr 1999 von der UNESCO zum Internationalen Tag der Muttersprache erklärt.

Dieses Jahr hat dieser wichtige Anlass Indien und Bangladesch zu gemeinsamen Feierlichkeiten an der Grenze [en] bewegt, um die bestehenden Verbindungen zwischen den beiden Ländern zu stärken:

Indien und Bangladesch werden den Internationalen Tag der Muttersprache im Niemandsland entlang der Grenze gemeinsam begehen, um die zwischenmenschlichen Kontakte zwischen den beiden Nachbarländern zu fördern.

Afrika: Das Erwachen der afrikanischen Sprachen

Schwerpunkt des Tages ist dieses Jahr die Einführung der Muttersprachen im Schulunterricht. Dank dem Wiedererwachen der lokalen Identitäten und Kulturen im französischsprachigen Afrika – wie auch anderswo – kann man ein Wiederaufleben und eine Aufwertung der afrikanischen Sprachen beobachten.

An der Elfenbeinküste hat der Einsatz der Académie ivoirienne des langues maternelles (Ivorische Akademie der Muttersprachen) zu einem Gesetzesentwurf [fr] über den Unterricht der Muttersprachen geführt.

Auf Mauritius sprechen [fr] Sozialarbeiter über ihre Hoffnungen und Zweifel bezüglich der Auswirkungen freiwilliger Kreolischkurse auf den langfristigen schulischen Erfolg und die ganzheitliche Entwicklung von Kindern.

L’introduction du kreol prévient donc les torts qu’on peut causer à un enfant en lui niant sa langue maternelle… Ces méfaits sont connus : baisse de la confiance en soi et impact négatif sur l’apprentissage des autres langues.

Die Einführung des Kreolischen als Schulfach verhütet so die Schäden, die man einem Kind zufügen kann, wenn man ihm seine Muttersprache verweigert. Diese Schäden sind bekannt: ein geringeres Selbstbewusstsein und negative Auswirkungen auf das Erlernen anderer Sprachen.

In Guinea bemerkt [fr] Global-Voices-Autor Abdoulaye Bah auf seinem persönlichen Blog Konakry Express :

Depuis quelques jours, le bruit courait que le gouvernement du Président Condé allait bientôt introduire l’enseignement des langues nationales dans le système d’enseignement dans le pays. C’est bien étrange que dans le monde entier, il n’y a rien de nouveau dans cette initiative. Mais le 25 avril, j’ai reçu un message d’une amie me disant:

“Le décret vient d’être signé pour créer un ministère des langues nationales et de l’alphabétisation.”

Seit einigen Tagen gab es Gerüchte, wonach Präsident Condé bald den Unterricht der Nationalsprachen im Schulwesen unseres Landes einführen würde. Man muss bedenken, dass in einer weltweiten Perspektive an dieser Initiative nichts Neues dran ist. Am 25. April [A.d.Ü.: der Post wurde am 26. April 2011 veröffentlicht] hat eine Freundin mir mitgeteilt:

“Der Erlass zur Schaffung eines Ministeriums für nationale Sprachen und Alphabetisierung wurde gerade unterzeichnet.”

Das Internet im Dienst der gefährdeten Sprachen

Aber vor allem im Internet machen die seltenen, gefährdeten, oder aufgrund der fehlenden Tastaturen für ihre Schreibung wenig gebräuchlichen Muttersprachen Fortschritte; so zum Beispiel mit dem Projekt “Enduring voices” [en], das von der amerikanischen National Geographic Society ins Leben gerufen wurde und das “gesprochene Wörterbücher” ins Netz stellt und so

Hörern in der ganzen Welt Gelegenheit gibt, einige der am wenigsten bekannten Laute der menschlichen Sprache kennenzulernen.

Bis jetzt gibt es acht dieser Wörterbücher [en]: für Tuwinisch, Ho, Siletz Dee-Ni, Matukar Panau, Chamacoco, Remo, Muniche und Saura.

Dank der Entwicklung von Podcasts konnten afrikanische Sprachen eine neue Verbindung mit der Technologie eingehen. Sie erlauben die Wiedergeburt einer sehr alten Volkskultur, der der Erzählungen, auf Apple Stores und in anderen Audiobibliotheken: so zum Beispiel in der Erzählung auf BambaraDas Buschhörnchen und die Schlange” (aus Mali), die von einem anderen französischsprachigen Global-Voices-Mitglied, Boukary Konaté, aufgenommen wurde.

“Das Buschhörnchen und die Schlange” Erzählung auf Bambara (MP3)
Hier eine französische Version der Erzählung.

Ein anderes Indiz des neuen Bündnisses zwischen den bisher in der Berufswelt und im öffentlichen Leben wenig geschätzten afrikanischen Muttersprachen und der Technologie ist das ständig wachsende Angebot an iPhone-Apps in afrikanischen Sprachen, so zum Beispiel auf Yoruba.

Kleine Bretoninnen, von ghislainedarmor auf Flickr, veröffentlicht unter Creative-Commons-Lizenz

 

Auch in Frankreich sehen sich die regionalen Sprachen wieder verstärkt als Muttersprachen, und dieses Jahr hat die Stadt Quimper ihre regionale Sprache mit einem Stadtrundgang auf Bretonisch [fr] gewürdigt, während Parthenay sein “Parlanjhe” [fr], eine der nordfranzösischen Oïl-Sprachen, gefeiert hat.

Ein Zeichen der Zeit ist auch, dass das Album Bretonne [fr] der französischen Sängerin Nolwen Leroy, das auch Lieder auf Bretonisch enthält, schon über eine Million Mal verkauft wurde, ohne dass dies auf französischer Seite Stirnrunzeln hervorgerufen hätte. Heute, zur Zeit der Patchwork-Familien und der Patchwork-Sprachen, kann man mehrere Muttersprachen haben, ohne dass diese in Konflikt treten. Und das ist gut so.

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