Argentinien: Diplomatischer Konflikt mit Großbritannien um die Falklandinseln

Argentinien beansprucht die Souveränität der Falklandinseln seit 1833, dem Jahr, in dem sie von Großbritannien besetzt wurden. 1982 brach der Falklandkrieg aus, der zweieinhalb Monate dauerte und 907 Menschen das Leben kostete: 649 argentinischen und 255 britischen Soldaten sowie 3 Inselnbewohnern. In diesem Krieg stritt sich Argentinien mit Großbritannien um die Souveränität der Inselgruppe. Mit seinem Sieg gelang es England die Souveränität der “Islas Malvinas”, wie sie in Argentinien heißen, aufrechtzuerhalten.

Der Krieg wurde durch einen Streit zwischen Argentinien und Großbritannien um die Souveränität über die Insel ausgelöst. Großbritannien behielt die Souveränität nach dem Sieg.

Trotz dessen versucht die argentinische Regierung noch immer über die internationalen Organisationen mit Großbritannien in Dialog zu kommen, um bezüglich der Souveränität zu einer Einigung zu gelangen. Diese Forderungen haben sich im letzten Jahrzehnt deutlich intensiviert und bereits 2011, vor den Präsidentschaftswahlen, erhielt [es] die Präsidentin Cristina Fernández eine klare Absage von dem britischen Premierminister David Cameron:

Solange die Falklandinseln zu Großbritannien gehören möchten, werden sie das auch. Punkt, Ende der Geschichte.

Die argentinische Präsidentin antwortete schnell darauf indem sie das Vereinigte Königreich als “plumpe, absteigende Kolonialmacht” und die Worte des Premierministers als “ein Zeichen von Mittelmäßigkeit, fast schon Dummheit” bezeichnete [es]. Des Weiteren versicherte sie, dass Argentinien seine Ansprüche “unermüdlich” in allen und jedem einzelnen Gerichtssaal weiterverfolgen wird.

Das war vielleicht der Punkt, an dem die Souveränität der Falklandinseln wieder an Aktualität in den verschiedenen argentinischen Medien gewann und zum Ziel von Urteilen und Diskussionen zwischen immer mehr Surfern im Netz wurde.

Das Mahnmal, das an die Gefallenen der Falklandinseln erinnert

Das Mahnmal, das an die Gefallenen der Falklandinseln erinnert, Ushuaia, Feuerland, Argentinien. Foto von Leonora Enkin mit Lizenz Attribution-ShareAlike 2.0 Generic (CC BY-SA 2.0)

Auf und Ab des Konflikts

Anfang Januar 2012 startete Argentinien zusammen mit den anderen Ländern des Mercosur eine Offensive mit dem Ziel Großbritannien zur Diskussion über die Angelegenheit der Falklandinseln zu bewegen und blockierte für Schiffe mit “Falkland-Flagge” die Einfahrt. Am 12. Januar veröffentlichte [es] die argentinische Tageszeitung “La nación”:

Por medio de las respectivas cancillerías, Uruguay, Brasil y Chile ratificaron el bloqueo de barcos con bandera de las Malvinas. […] En todos los casos quedó en claro que aquellos buques que tengan bandera de las Malvinas no podrán ingresar en puertos del Mercosur, pero si cambian la insignia por la bandera roja comercial de Gran Bretaña sí podrán amarrar.

Mit Hilfe ihrer Außenministerien setzten Uruguay, Brasilien und Chile die Einfahrtssperre für Schiffe mit malwinischer Flagge in Kraft. […] In jedem Fall wurde deutlich gemacht, dass diejenigen Schiffe, die unter der Flagge der Falklandinseln fahren, nicht in Häfen des Mercosurs einfahren dürfen. Wenn sie diese aber durch die rote Handelsflagge Großbritanniens ersetzen, dürfen sie anlegen.

Angesichts dieser Tatsache ließ der Premierminister David Cameron während einer Sitzung im Unterhaus des britischen Parlaments (House of Commons) am 18. Januar Polemik aufflammen und beschuldigte [en] Argentinien “kolonistisch” zu sein:

„Ich würde sagen, dass die jüngsten Aussagen der Argentinier viel mehr Kolonialismus aufweisen, als uns vorgeworfen wird. Denn die Menschen der Falklands wollen britisch bleiben, doch die Argentinier verlangen das Gegenteil von ihnen.“

Vor dieser Aussage hatte Andrew Rosindell, Mitglied des Parlaments, die Argentinier ermahnt [en], daran zu denken, dass sie “den Krieg verloren hatten”, was den Rest der Anwesenden der Sitzung in Gelächter ausbrechen ließ.

Diese Kritik wurde in Argentinien mit viel Polemik aufgenommen und von verschiedenen Politikern
des Regierungsapparats geleugnet wurde. Der Vizepräsident Amadou Boudou sagte dazu:

Realmente es muy triste tener que escuchar esta falacia, este exabrupto. […] como mínimo es una falacia histórica lo que Cameron ha dicho respecto del colonialismo. […] Es un exabrupto torpe, ignorante, de ignorar la realidad histórica, nos deja medio impresionados tanta ignorancia. Que vuelva a los libros de historia.

Es ist wirklich sehr traurig diesen Trugschluss, diese scharfe Antwort hören zu müssen. […] Zumindest Camerons Aussage zu dem Kolonialismus ist ein historischer Trugschluss. […] Es ist eine ungeschickte, ignorante bissige Antwort, mit der die Geschichte verleugnet wird. So viel Ignoranz erschüttert uns. Er soll bitte die Geschichtsbücher zur Hand nehmen.“

Der argentinische Außenminister Héctor Timmerman fügte hinzu [es], dass “Großbritannien Synonym für Kolonialismus ist” und der Abgeordnete von Santa Fe, Augustín Rossi, schrieb auf Twitter:

Estoy presentando en Diputados un proyecto de resolución para que expresemos nuestro enérgico repudio a los dichos de David Cameron.

Ich bringe gerade eine Beschlussvorlage im Abgeordnetenhaus vor, um den Worten David Camerons unsere tiefste Abneigung auszusprechen.

Einige Politiker der Opposition nahmen die Kritik ebenso auf wie die Regierung. Der argentinische Abgeordnete Ricardo Alfonsín sagte [es], dass die Worte Camerons “eine erschreckende Haltung ausdrücken”, und der ehemalige Präsidentschaftskandidat Hermes Binner versicherte:

El hecho de que el gobierno conservador británico hable de ‘colonialismo’ suena a broma, dado que no se puede manosear la historia.

Die Tatsache, dass die konservative britische Regierung von “Kolonialismus” spricht, klingt nach einem Scherz, schließlich kann man die Geschichte nicht ändern.

Der Abgeordnete der Opposition Fernando Iglesias drückte sein Missfallen der Regierungshaltung zu den Falklands auf Twitter aus:

Una cosa es el justo reclamo de retiro del Reino Unido y su base militar y muy otra la soberanía argentina sobre un pueblo que no la quiere

Eine Sache ist die bloße Forderung des Rückzugs des Vereinigten Königreichs von den Inseln
und seiner Militärbasis und eine ganz andere ist die argentinische Souveränität über ein Volk, das
sie nicht will.

So sind auch Netizen aus Argentinien und dem Rest der Welt in diejenigen geteilt, die denken, Argentinien sollte von seinem Anspruch auf die Falklandinseln absehen und die, die diese Forderung unterstützen.

Die Journalistin Florencia Echeves (@fetcheves) schreibt auf Twitter auch in Bezug auf den aktuellen Konflikt [es] über den Riesenbergbau in Argentinien:

Mientras la prioridad es Malvinas , arrasan el [cerro] Famatina. Qué plato.

Solange die Falklandinseln Priorität haben, wird Famatina [Stadt in der Region “La Rioja”] dem Erdboden gleichgemacht. Was für eine Kulisse.

Der Twitterer Martín Caparrós (@martin_caparros) machte ebenfalls die gleiche Beobachtung:

¿No es maravilloso que simulen pelear por las Malvinas mientras le entregan toda la cordillera a las mineras multinacionales? #Famatina

Ist es nicht wunderbar, dass der Streit um die Falklands vorgetäuscht wird, während sie (die
Regierung) die ganze Gebirgskette an die multinationalen Bergbaufirmen ausliefern? # Famatina

Auf ähnliche Weise zeigte der Fernsehmoderator Gustavo Noriega (@Gus_Noriega) auf, dass es wichtigere Angelegenheiten gebe, um die man sich kümmern sollte:

#cosascotidianas la mitad del país sin cloacas, agua potable ni gas, pero ahora el tema es Malvinas.

#alltäglicheDinge, das halbe Land ist ohne Abwasserkanäle, Trinkwasser, Gas, trotzdem sind
jetzt die Falklands Hauptthema.

Der Journalist Felipe Avello Suazo aus Chile sprach sich für die Forderung Argentiniens aus:

Los chilenos apoyamos a los hermanos argentinos: LAS MALVINAS SON ARGENTINAS. Avergonzados estamos por ayudar a los ingleses en los 80.

Wir Chilenen unterstützen unsere argentinischen Brüder: DIE FALKLANDS GEHÖREN ARGENTINIEN. Wir schämen uns dafür den Engländern in den 80ern geholfen zu haben.

Auch Blogger schrieben ihre Meinungen über dieses Thema. Die Ärztin Ana reflektierte in ihrem Blog ana-guev-logueando:

Interesante y absurdo cruce diplomático con los ingleses, en donde los ciudadanos, argentinos e ingleses, caemos una vez más en la manipulación patriotera. […] Hasta una escandalosa guerra protagonizamos, donde – como siempre – los pueblos ponemos la sangre y los titiriteros ponen las cortinas de humo y los fantasmas. […] Tremenda paradoja de un mundo en donde valen más los quiebres que las comunicaciones, la fachada que la casa, los discursos que los actos, los fantasmas que los hombres.

Interessanter diplomatischer Konflikt mit den Engländern, der uns Argentinier und Engländer einmal mehr der nationalistischen Manipulation zum Opfer fallen lässt. […] Wir spielen sogar die Hauptrolle in einem skandalösen Krieg, wo – wie immer – die Völker das Blut und die Puppenspieler den Vorhang aus Rauch und die Gespenster zur Verfügung stellen. […]
Eine entsetzlich widersprüchliche Welt, in der Pausen wichtiger sind als Kommunikation, die Fassade wichtiger als das Haus, Diskussionen wichtiger als das Handeln, Gespenster wichtiger als die Menschen.

Und Fabio Baccaglioni schloss seine ausführliche Veröffentlichung mit Ironie ab:

Ese país [Inglaterra] está utilizando la palabra “Colonialismo” para describir a otros, no podemos ofendernos, deberíamos tan sólo cagarnos de risa.

Argentina más bien es un país colonizado. La cordillera le pertenece a Barrick Gold y a otras empresas mineras, no hay casi ninguna mina cuyo beneficio termine en el país. […] El agua poco a poco quedará en terrenos que no nos pertenecen, la patagonia es mitad inglesa o de Benetton, los campos de grandes empresas de afuera […] Tal vez Cameron se equivocó al expresarse y lo que quiso decir es que Argentina era una colonia que se creía independiente.

Dieses Land [England] benutzt das Wort Kolonialismus um andere zu beschreiben. Wir können nicht eingeschnappt sein, wir sollten uns nur vor Lachen in die Hosen machen. Argentinien ist eher ein kolonisiertes Land. Die Bergkette gehört Barrick Gold und anderen Bergbauunternehmen, es gibt fast kein Bergwerk, dessen Gewinne im Land bleiben. […] Das Wasser bleibt nach und nach auf Grundstücken, die uns nicht gehören, Patagonien ist zur Hälfte den Briten und zur anderen Hälfte Benetton, die Felder gehören großen ausländischen Unternehmen […] Vielleicht hat sich Cameron auch einfach nur falsch ausgedrückt und was er eigentlich sagen wollte war, dass Argentinien eine Kolonie ist, die sich für unabhängig hält.

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