Humanitäre Krise im Jemen verschärft sich durch Krieg

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Während der letzten 30 Jahre hat der Jemen, das ärmste Land im Nahen Osten, unter chronischer Unterentwicklung und einer sozioökonomischen Krise gelitten. Mehr als 60 Prozent der gesamten jemenitischen Bevölkerung (25 Millionen) benötigen dringend humanitäre Hilfe, wobei Kinder und Frauen am stärksten betroffen sind.

Die prekäre humanitäre Lage verschärfte sich zunehmend in den vier Jahren politischer Instabilität, gefolgt von der Revolution im Jahr 2011, bei der Präsident Ali Abdullah Salih gestürzt wurde. Lange vor Kriegsausbruch am 25. März hatten die Vereinten Nationen und internationale Organisationen vor der drohenden humanitären Krise gewarnt.

Unicef benötigt 60,1 Mio. US-Dollar, um 2015 adäquate humanitäre Hilfe für die am stärksten gefährdeten Kinder leisten zu können

Die jemenitische Bevölkerung ist eine der am stärksten unterernährten der Welt. So helfen wir: (…)

JEMEN: Mehr als 800.000 Kinder unter 5 Jahren leiden an akuter Unterernährung

Instabilität im Jemen verschärft das Problem der Unterernährung der Armen und treibt sie noch weiter in die Verzweiflung. CARE hilft auch weiterhin

Jemen: 61 % der Bevölkerung benötigen im Jahr 2015 humanitäre Hilfe – überarbeiteter Aufruf

Verteilung des Konflikts und humanitärer Bedürfnisse im Jemen. Via UN-Büro zur Koordinierung der humanitären Hilfe (OCHA)

Jemen an der Schwelle zum Bürgerkrieg – wachsende humanitäre Herausforderungen

Die katastrophale humanitäre Lage verschlechterte sich weiter durch den Konflikt zwischen den vom gestürzten Präsidenten Salih unterstützten Huthi-Rebellen und der Koalition unter saudi-arabischer Führung mit Unterstützung der USA, der Golfstaaten, Ägypten und der Türkei. Während Luftangriffe der Koalition hauptsächlich auf Militärstützpunkte und Waffenlager (von denen sich manche in Wohngegenden befinden) geflogen wurden, waren auch Flughäfen in Sanaa, Aden, Hodeida und Sadaa Ziel der Angriffe.

Am Montag vor zwei Wochen wurde das Flüchtlingslager Al-Masrak für intern Vertriebene (internally displaced people, IDPs) Berichten zufolge durch Luftangriffe der von Saudi-Arabien geführten Koalition angegriffen. Dabei kamen mindestens 40 Flüchtlinge ums Leben, 200 wurden verletzt. Johannes Van Der Klaauw, UN-Koordinator für humanitäre Angelegenheiten im Jemen, verurteilte den Angriff in einer Erklärung und rief alle Beteiligten dazu auf, humanitäres Völkerrecht zu achten. Laut Unicef wurden in den vergangenen Wochen bei Kämpfen im Jemen mindestens 62 Kinder getötet und 30 verletzt.

In der vergangenen Woche wurden bei Kämpfen im Jemen mindestens 62 Kinder getötet & 30 verletzt

Währenddessen sind von Salih unterstützte Truppen und Huthi-Rebellen weiter in den Süden des Jemen vorgedrungen. Dabei griffen sie Zivilisten brutal an und bombardierten massiv Wohnhäuser. Die Städte im Süden sind seit Wochen verwüstet, was die humanitäre Lage nur noch verschlimmert hat. Ärzte ohne Grenzen/Medecins San Frontieres (MSF) berichtete, dass sie seit dem 19. März in Folge der Zusammenstöße in Aden, Lahj und anderen Gebieten im Süden mehr als 550 Patienten aufgenommen haben. Alleine am 26. März kamen 11 Patienten an.

Hussain Al-Yafi und Yemen Updates, die die Situation im Süden des Jemen aufmerksam verfolgen, twitterten:

Das ist nicht Homs! Das ist nicht Gaza! Das ist Aden! Das ist der Beschuss von Wohngegenden durch Huthis!

Überall Horror in Aden während Huthi/Salih-Kräfte mit Panzern gegen Kämpfer aus dem Süden vorgehen. Jetzt blutige Straßenkämpfe in Khor Maksar

Amnesty International beschuldigte die Koalition in einer Erklärung, sie würde die zivilen Opfer und das Leiden der Zivilbevölkerung ignorieren.

After several days of often intense bombardment in several areas across Yemen, it is becoming increasingly apparent that the Saudi Arabian-led coalition is turning a blind eye to civilian deaths and suffering caused by its military intervention

Nach mehreren Tagen oftmals intensiver Bombardements in unterschiedlichen Gebieten im ganzen Jemen wird immer deutlicher, dass die saudi-arabisch geführte Koalition zivile Opfer und das Leid, das durch die militärische Intervention entsteht, ignoriert.

Das humanitäre Völkerrecht verbietet Angriffe, die zu zufälligen Verlusten an Menschenleben unter der Zivilbevölkerung führen oder die Zerstörung ziviler Objekte verursachen könnten, die gegenüber dem erwarteten konkreten und direkten militärischen Vorteil unverhältnismäßig sind.

Inmitten der Flugverbotszone, die von der Koalition arabischer Staaten über dem Jemen eingerichtet wurde, riefen internationale Organisationen dringend zur Beseitigung von Hindernissen auf, um wichtige medizinische Hilfsgüter und ausgebildetes medizinisches Personal in den Jemen bringen zu können.

Jemen: Wir fordern dringend Beseitigung von Hindernissen für die Lieferung von medizinischen Hilfsgütern, während schwerer Konflikt andauert

Extrem schwierig, gefährlich für MSF Jemen, die humanitären Bedürfnisse auf Grund der Kämpfe, Luftangriffe zu beurteilen. Achtung des humanitären Zugangs äußerst wichtig

Konflikt im Jemen tötet und verletzt Hunderte, belastet Gesundheitssystem stark

Auf Grund der Flugverbotszone sitzen viele Jemeniten in unterschiedlichen Ländern auf der ganzen Welt fest. Jemenitische Netizens wie beispielsweise Khaled al-Hammadi starteten als Reaktion darauf den Hashtag #Stranded_Yemenis [gestrandete Jemeniten].

Tausende Jemeniten, die festsitzen und dringend Hilfe benötigen. Golfkooperationsrat mit Krieg beschäftigt, aber vergisst humanitäre Probleme

Viele Menschen im Jemen haben keinen Zugang zu sauberem Wasser und nicht genügend Nahrungsmittel, um sich selbst zu ernähren. Es fehlt außerdem an funktionierender Infrastruktur, grundlegender Gesundheitsversorgung und Bildung. Die junge Generation im Jemen hat in ihrem kurzen Leben schon viele Kriege miterlebt und ist des Horrors und der humanitären Kosten müde. Sie starteten den Hashtag #KefayaWar [Es reicht mit dem Krieg], mit dem sie alle Konfliktparteien ansprechen.

Ammar Al-Aulaqi richtete sich in einem Tweet an alle Beteiligten:

Kefaya bedeutet “es reicht”. Jemeniten richten das an alle: Koalition DecisiveStorm [Entscheidungssturm], Huthis, Salih, Iran, Hadi, alle!

Ruba Aleryani betonte die schwierige Lage im Jemen:

#KefayaWar [Es reicht mit dem Krieg], weil beinahe 43 % der Jemeniten schon jetzt unter Nahrungsmittelknappheit leiden und 60 % in Armut leben

Andere jemenitische Aktivisten und Journalisten betonten die humanitäre Not und Schwierigkeiten, denen der Jemen auf Grund dieses Krieges gegenübersteht.

Hisham Al-Omeisy fügte hinzu:

Ca. die Hälfte der jemenitischen Bevölkerung litt VOR dem jetzigen Konflikt unter Nahrungsmittelknappheit. Jetzt, da sie eingeschlossen sind & als Geiseln gehalten werden, wird das ganze Land bald eine humanitäre Krise erleben

Yemen Updates kommentierte:

Die humanitäre Krise im Jemen hat sich gerade auf unterschiedliche Weise manifestiert: plötzliche Knappheit von Benzin, Mehl & Weizen in Sanaa & anderen Orten

Amel Ahmed twitterte:

90 % Weizen / 100 % Reis im Jemen sind importiert. Humanitäre Hilfe wird blockiert. Menschen werden verhungern. Das ist ein Krieg gegen die jemenitische Bevölkerung

Einige arabische und ausländische Journalisten haben ebenfalls ihre Sorge zum Ausdruck gebracht.

Der Journalist Mohammed Jamjoom, ehemaliger Jemen-Korrespondent bei CNN, twitterte seine Betroffenheit:

Nicht nur wegen der Lage im Jemen deprimiert, sondern auch wegen geringer Berichterstattung über Leiden der Jemeniten und der humanitären Krise dort

Louisa Loveluck fügte hinzu:

Laut UN nähert sich der Jemen “totalem Zusammenbruch” während humanitäre Krise zunimmt und das Land von Hilfslieferungen abgeschnitten ist

Global Voices berichtet seit mehreren Jahren über die humanitäre Krise im Jemen:

Der humanitäre Aspekt des Krieges scheint allerdings egal zu sein. In den Schlagzeilen der großen Medien ist dies kein Thema. Das Informationsnetzwerk IRIN hat davor gewarnt, dass sich die humanitäre Lage auf Grund des Konflikts noch weiter verschlechtern wird.

Die humanitäre Lage im Jemen ist prekär, ein Bürgerkrieg wird eine bereits akute Krise nur noch verschlimmern

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die humanitäre Krise, vor der internationale Organisationen seit Jahren gewarnt haben, in den vergangenen Wochen seit dem Kriegsausbruch im Jemen verschärft hat und dies noch weiter tun wird. Die Frage ist nun, was die Welt dagegen unternehmen wird und wann?

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