Weitere Schule und Notunterkunft in Gaza bombardiert: Sprecher der Vereinten Nationen bricht während eines Interviews in Tränen aus

Chris Gunness, ein Sprecher des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) bricht während der Aufnahme für ein Fernsehinterview mit Al Jazeera Arabic in Tränen aus. In dem Interview ging es um die tödlichen Angriffe auf eine Schule der Vereinten Nationen in Gaza, in der 3.300 Palästinenser Zuflucht gesucht hatten.

In einer englischsprachigen Stellungnahme auf der Webseite der UNRWA rief er die internationale Gemeinschaft dazu auf, “wohlüberlegte und internationale politische Maßnahmen zu ergreifen, um dem andauernden Blutbad ein schnelles Ende zu bereiten”:

Last night, children were killed as they slept next to their parents on the floor of a classroom in a UN designated shelter in Gaza. Children killed in their sleep; this is an affront to all of us, a source of universal shame. Today the world stands disgraced. 

In der vergangenen Nacht wurden Kinder getötet, die neben ihren Eltern auf dem Boden eines Klassenraums einer Schule schliefen, die die Vereinten Nationen in Gaza als Schutzraum nutzten. Kinder wurden im Schlaf getötet, ein Affront, der uns allen gilt, eine weltumfassende Schande. Heute ist die gesamte Welt geschändet.

Das ist bereits die sechste Schule der Vereinten Nationen, die als Schutzraum diente und vom israelischen Militär angegriffen wurde. Das Hilfswerk UNRWA hatte die exakten Koordinaten der Schulen 17 Mal der israelischen Armee ausgehändigt, so dass dieses Gebiet nicht bombardiert werde.

Der genaue Ort der Mädchenschule Jabalia in Gaza und die Information, dass sich hier 3.000 Flüchtlinge aufhalten, wurde 17 Mal der israelischen Armee genannt.

Seit dem Israel die massive Offensive auf den 40 Kilometer langen Küstenstreifen am 8. Juli begonnen hat, wurden mindestens 1.361 Palästinenser getötet, berichtet Al Jazeera English und mehr als 6.780 Menschen verletzt. Israel bombardiert Schulen, Spielplätze, Krankenhäuser, Notunterkünfte und Flüchtlingslager und 75 Prozent der Getöteten sind Zivilisten. Am 28. Juli griff Israel das einzige Elektrizitätswerk von Gaza ab und der umkämpfte Streifen und die dort 1,8 Millionen lebenden Menschen waren von Finsternis umgeben.

Das Hilfswerk der Vereinten Nationen UNRWA hat in Gaza vor Beginn der israelischen Offensive 245 Schulen betrieben, die von 225.000 Schulkindern besucht wurden, so die englischsprachige Webseite der UNRWA. Seit dem israelische Bomben auf Wohngebiete fallen, sind zehntausende Menschen obdachlos und suchen Zuflucht in den Schulen, von denen viele zu provisorischen Notunterkünften geworden sind.

In den 85 Schutzräumen der UNRWA über ganz Gaza verteilt befinden sich nun 204.166 Menschen. Immer mehr verlassen ihre Häuser. Eine Vertriebenenkrise. Beängstigend.

Die UNRWA in Gaza ist komplett überlastet, wir befinden uns an der Grenze der Belastbarkeit. Unsere Mitarbeiter werden getötet und unsere Notunterkünfte völlig überfüllt. Wo soll das enden?

In der Stellungnahme der UNRWA erklärt Gunness, sein Team habe den Ort der letzten Bombardierung besucht. Er ruft die internationale Gemeinschaft dazu auf, politische Maßnahmen zu ergreifen:

We have visited the site and gathered evidence. We have analysed fragments, examined craters and other damage. Our initial assessment is that it was Israeli artillery that hit our school, in which 3,300 people had sought refuge. We believe there were at least three impacts. It is too early to give a confirmed official death toll. But we know that there were multiple civilian deaths and injuries including of women and children and the UNRWA guard who was trying to protect the site. These are people who were instructed to leave their homes by the Israeli army. 

The precise location of the Jabalia Elementary Girls School and the fact that it was housing thousands of internally displaced people was communicated to the Israeli army seventeen times, to ensure its protection; the last being at ten to nine last night, just hours before the fatal shelling.

I condemn in the strongest possible terms this serious violation of international law by Israeli forces. 

This is the sixth time that one of our schools has been struck. Our staff, the very people leading the humanitarian response are being killed.  Our shelters are overflowing. Tens of thousands may soon be stranded in the streets of Gaza, without food, water and shelter if attacks on these areas continue. 

We have moved beyond the realm of humanitarian action alone. We are in the realm of accountability. I call on the international community to take deliberate international political action to put an immediate end to the continuing carnage. 

Wir haben die Stelle besucht und Spuren gesichert. Wir haben Bruchstücke analysiert, Einschlagkrater untersucht und andere Schäden. Unsere erste Annahme ist, dass es israelische Geschütze waren, die unsere Schule getroffen haben, in der 3.300 Menschen Schutz gesucht hatten. Wir sind davon überzeugt, dass es nicht weniger als drei Einschläge gegeben hat. Es ist zu früh, um eine offizielle Opferzahl nennen zu können. Wir wissen aber, dass es unter den Toten mehrere Zivilisten gibt und auch Frauen und Kinder verletzt wurden sowie der Wachmann der UNRWA, der versucht hatte, den Ort zu beschützen. All diese Menschen waren von der israelischen Armee angewiesen worden, ihre Häuser zu verlassen.

Der genaue Ort der Mädchenschule Jabalia und die Tatsache, dass es Tausenden Binnenvertriebenen Zuflucht bietet, war der israelischen Armee siebzehn Mal übermittelt worden, um seinen Schutz sicherstellen zu können. Das letzte Mal war das der israelischen Armee um zehn vor neun ausgerichtet worden, nur wenige Stunden vor der tödlichen Bombardierung.

Ich verurteile diese schwerwiegende Verletzung internationalen Rechts durch die israelischen Streitkräfte aufs Schärfste.

Das ist bereits das sechste Mal, dass eine unserer Schule getroffen wurde. Unsere Mitarbeiter – eben die Menschen, die humanitäre Hilfe leisten – werden getötet. Unsere Notunterkünfte sind völlig überfüllt. Wenn die Angriffe auf diese Gebiete fortgesetzt werden, dann werden zehntausende Menschen voraussichtlich bald in den Straßen von Gaza landen, ohne Zugang zu Wasser, Nahrung und Obdach.

Wir bewegen uns nun jenseits des Bereichs humanitärer Hilfe. Wir sprechen jetzt vom Bereich der Verantwortlichkeit. Wir fordern die internationale Gemeinschaft dazu auf, wohlüberlegte und internationale politische Maßnahmen zu ergreifen, um dem andauernden Blutbad ein schnelles Ende zu bereiten.

Das Hilfswerk UNRWA wurde 1949 gegründet und bietet den fünf Millionen registrierten palästinensischen Flüchtlingen in Gaza, der Westbank, Syrien, dem Libanon und Jordanien Unterstützung und Schutz.

Unverhältnismäßige Restriktionen von Seiten Israels für die palästinensischen Gebiete Gaza und Westbank sind der Grund dafür, dass die meisten Staaten und die Vereinten Nationen bei diesem Gebiet von einer Besatzung sprechen. Das ist Israels dritte militärische Operation in Gaza innerhalb von sechs Jahren.

Mehr Informationen und weitere deutschsprachige Berichterstattung gibt es in unserem Dossier “Angriffe auf Gaza 2014“.

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