Philippinen: Billiglohnarbeiter kämpfen mit Hashtags und Selfies gegen Arbeitsbedingungen

Demonstrierende NXP-Arbeiter brechen durch das verriegelte Tor und marschieren zur Fabrik. Foto: KR Guda

Demonstrierende NXP Arbeiter brechen durch das verriegelte Tor und marschieren zur Fabrik. Foto: KR Guda

Billiglöhne, Zeitarbeit und unwürdige Arbeitsbedingungen: Viele der Arbeiter in den Philippinen, die Mikrochips für Smartphones, Tablets und andere digitale Apparate herstellen, haben privat nur selten die Möglichkeit, jene technischen Gerätschaften zu nutzen, die sie produzieren.

Und doch machen jetzt eben diese Arbeiter, die uns Handyanrufe, SMS-Dienste, soziale Netzwerke und andere Internetaktivitäten ermöglichen, von genau diesen Technologien Gebrauch, um sich gegen Gewerkschaftsfeindlichkeit und anderen Missbrauch von Arbeitskräften zur Wehr zu setzen.

Die Kampagne #bringbacknxp24, initiiert von Arbeitern der Firma NXP Semiconductors in Cabuyao, Laguna [ein Hersteller sogenannter Halbleiter] schafft eine effiziente Verbindung zwischen einer Online-Petition und bodenständigem Realprotest [en]. Laguna ist eine Provinz südlich der Hauptstadt Manila.

NXP Semiconductors ist einer der zwanzig wichtigsten Elektronikproduzenten weltweit und stellt Mikrochips sowie andere Bauteile für Firmen wie Apple und Asus her. In den Philippinen beschäftigt sie mehr als 1.600 Festangestellte und 1.700 Zeitarbeiter.

Die Arbeiter forderten eine Lohnerhöhung von acht Prozent, doch die Geschäftsführung ließ sich im Rahmen der Verhandlungen um einen neuen Tarifvertrag auf nicht mehr als 3,5 Prozent ein. Die Mitarbeiter der Firma organisierten Versammlungen am 9., am 17. und am 19. April sowie am 1. Mai. Diese wurden von der Geschäftsführung als “illegale Streiks” deklariert, obwohl es sich bei allen Tagen um gesetzliche Feiertage handelte. Am 5. Mai wurden mit dieser Begründung 24 Gewerkschaftsführer entlassen.

Your Texts, Posts, Tweets. Their Blood, Sweat, Tears.

Internet-Mem mit der Forderung, die NXP Arbeiter zu unterstützen. Von der Facecbookseite der Kampagne

Die Arbeiter von NXP hatten daraufhin eine Onlinepetition auf change.org [en] gestartet, mit der sie bisher mehr als 580 Unterschriften sammeln konnten. Die Petition fokussiert dabei auch die Forderung nach höheren Löhnen:

The fight of the NXP workers is a fight of all workers, of everyone. All of us need a wage increase that’s significant, not just morsels of alms. All of us deserve employment that’s regular, not just contractual. Many have already been dismissed from their jobs just because they asserted what’s due to them.

Der Kampf der NXP Arbeiter ist ein Kampf aller Arbeiter und aller Menschen. Wir alle brauchen eine spürbare Lohnerhöhnung und nicht bloß Almosen. Wir alle brauchen feste Verträge und nicht nur Zeitarbeit. Viele sind bereits entlassen worden, weil sie fordern, was ihnen zusteht.

Chronicles of Carlos, ein Arbeitsrechtaktivist, erklärte, die Onlinekampagne um #bringbacknxp24 habe gezeigt, welches Potenzial in den sozialen Netzwerken stecke, um das Thema Arbeit für eine größere Öffentlichkeit zugänglich zu machen:

In around three weeks’ time, the Facebook page has drawn over 1,000 likes and boasts of active daily engagement among its base and outer circles – something unusual for a relatively unpopular campaign and for a labor issue in the Philippines at that. The inspiring thing about the campaign is that NXP workers themselves are the ones sharing updates inside the company. Just recently, a worker uploaded a photo of the latest company memo that tries to sow confusion among the workforce. In another instance, a worker uploaded a photo of the company’s anti-union message contained in a paper strip.

In nur drei Wochen erhielt die Facebookseite [en] der Initiative mehr als tausend Likes und verzeichnet täglich rege Aktivitäten von Seiten der Basis und auch Außenstehenden; etwas, das für eine relativ unbekannte Kampagne und für das Thema Arbeit generell in den Philippinen ungewöhnlich ist. Das inspirierende an der Kampagne ist die Tatsache, dass die Arbeiter selbst Firmeninterna teilen. Vor kurzem erst lud ein Arbeiter ein Foto [en] von einem Schreiben der Geschäftsführung hoch, das Verwirrung unter der Belegschaft stiften sollte. In einem anderen Fall teilte ein Arbeiter ein Foto [en] von einem Schriftstück, auf dem eine gewerkschaftsfeindliche Botschaft der Managementetage zu lesen war.

Bild von der Facebook-Seite ‚Bring Back NXP 24’

Bild von der Facebookseite “Bring Back NXP 24″

Die Social-Media-Kampagne ruft auch andere Menschen im Internet dazu auf, Selfies mit Solidaritätsbekundungen zu posten und diese auf Facebook und Twitter mit dem Hashtag #bringbacknxp24 zu versehen. Die Arbeiter selbst hatten ebenfalls Bilder von sich online gestellt, um die Öffentlichkeit zu mehr Unterstützung zu motivieren.

Foto der Bring BACK NXP 24 Facebookseite.

“Arbeiterinnen von NXP, kämpft!” Foto der Bring BACK NXP 24 Facebookseite.

Die Kampagne um die NXP-Arbeiter wird von diversen Organisationen in Europa, Australien, China, Hongkong, Taiwan und den Vereinigten Staaten unterstützt. Solidiaritäts-Fotos aus diesen Ländern wurden auf der offiziellen Facebook-Seite der Kampagne geteilt:

Belgian workers support campaign.

Belgische Arbeiter bekunden ihre Unterstützung.

Der Fall der NXP-Arbeiter hat bereits zentrale Stellen im philippinischen Ministerium für Arbeit und Beschäftigung erreicht. Die Verhandlungen gehen weiter und die Arbeiter werben auch jetzt noch um Unterstützung von Seiten der Öffentlichkeit.

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