Das ist Russlands digitale Souveränität und, ja, Schulmädchen sind auch dabei

Russia's new state-sponsored Internet search engine runs into early troubles with queries for "schoolgirl." Images mixed by author.

Russlands neue, staatlich geförderte, Internetsuchmaschine hat schon im Frühstadium Probleme, nämlich mit Suchanfragen über “Schulmädchen”. Fotomontage des Autors.

Alle Links in diesem Artikel führen, soweit nicht anders gekennzeichnet, zu russischsprachigen Webseiten.

Russlands neue und vom Staat geförderte Internetsuchmaschine [Global Voices Bericht auf Englisch] ist jetzt im Betatest und die Nutzer sind der Meinung, dass sie mitunter merkwürdige Suchergebnisse anzeigt. Sputnik.ru ist die Antwort des Kremls auf ausländische Seiten, wie Google, und unabhängige Suchmaschinen, wie Yandex. Dieses Projekt befriedigt den langgehegten Ehrgeiz eines großen Teils der russischen Regierung, zu kontrollieren, auf welche Art und Weise die Menschen das Internet durchstöbern. 

Ilja Ponomarew, einem der beiden Oppositionspolitiker im russischen Parlament, zufolge, wurde die Idee einer vom Staat gesteuerten Suchmaschine 2008 geboren. Also während des militärischen Konflikts mit Georgien, als Hardliner verbissen feststellten, dass die existierenden Netzportale Nachrichten und Informationen bevorzugen, die einseitig und parteiisch Stellung gegen die geopolitischen Interessen Russlands beziehen. Anton Nosik, einer der Begründer des russischen Internets und ein weiterer prominenter Oppositioneller, hat spekuliert, dass Rostelekom [en], die staatseigene Telekomgesellschaft, die mit der Entwicklung von Sputnik.ru beauftragt war, bloß danach trachtet, das Budget in Höhe von 60 Millionen US-Dollar auszuschöpfen. Andererseits beharrt Rostelekoms stellvertretender Vorstandsvorsitzender, Alexej Basow, darauf, dass Sputnik.ru den Steuerzahler keine einzige Kopeke kostet. Er behauptet, dass sein Unternehmen das Projekt aus eigenen Mitteln finanziert. 

Nachdem Sputnik.ru heute in Russland mit seinem Betatest online gegangen ist (für ausländische IP-Adressen bleibt die Seite unerreichbar), war Basow eindeutig in Hochstimmung. Den auf dem diesjährigen internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg versammelten Reportern erzählte er, dass die Seite vollkommen anders sei als die etablierten Suchmaschinen. Sputnik.ru nutzt anscheinend “besondere mathematische Algorithmen”, die das Filtern schmuddeliger Inhalte verbessern sollen. “Für uns ist es sehr wichtig”, erläuterte Basow, “dass beispielsweise eine Internetsuche nach ‘Schulmädchen’ zu nett gekleideten Mädchen in weißen Schürzen führt [traditionelle Schuluniform für Mädchen in Russland] und zu nichts anderem.”

Der bei Sputnik.ru verwendete spezielle Algorithmus scheint seine Aufgabe nicht richtig verstanden zu haben. Basow hatte die moralische Überlegenheit der Webseite kaum ausgesprochen, als russische Blogger bereits damit begannen, Bildschirmfotos von Sputnik.ru ins Netz zu stellen, die zeigen sollten, dass die Seite in Wirklichkeit zu jeder Form von erotischen und sogar pornografischen Inhalten führt. Im Gegensatz zu der Zusicherung, die Basow heute gegenüber Journalisten gemacht hat, trifft dies sogar dann zu, wenn nach “Schulmädchen” gesucht wird. Was die ganze Sache für Rolstelekom noch schlimmer macht, ist die Tatsache, dass Yandex anscheinend Nacktdarstellungen und pornografisches Material wesentlich effektiver herausfiltert als Sputnik.ru.

Suche nach “Schulmädchen” mit Sputnik.ru.

Suche nach “Schulmädchen” mit Yandex

Vorerst wird offiziell das Ziel verfolgt, Sputnik.ru in die staatlichen E-Programme der Behörden zu integrieren, die Bürgern einen besseren Zugang zu staatlichen Dienstleistungen bieten sollen. Außerdem ist im Gespräch, dass die Webseite zur Standardsuchmaschine für alle Behördencomputer wird. Das entsprechende Projekt ist Teil einer groß angelegten Kampagne für mehr “digitale Souveränität” in Russland. Der besondere Name der Webseite, “Sputnik”, heißt “Satellit” und ist ein Hinweis auf die größte wissenschaftliche Errungenschaft der Sowjetunion.

In einem kürzlich veröffentlichten Interview mit Forbes Russland diskutierte Konstantin Malofejew [en] bekannter Rechtsaußen-Geschäftsmann und führender Politiker, die Notwendigkeit, den Vereinigten Staaten die Kontrolle über das Internet zu entreißen. Laut Malofejew, der sehr hilfreich dabei war, die erste Fassung von Russlands Schwarzbuch illegaler Internetinhalte zu erstellen, müssen die USA verstehen, dass das Internet nicht ihnen gehört. Er verglich sogar die Erfindung des Internets, die häufig dem US-Verteidigungsministerium zugeschrieben [en] wird, mit dem von der Sowjetunion erfolgreich gestarteten Satelliten Sputnik, der das Weltraumzeitalter eingeläutet hatte. “Russland hat das Tor zum Weltraum geöffnet“, prahlte Malofejew, “aber trotzdem gibt es keine sowjetischen oder russischen Weltraumgesetze, die jedermann befolgen muss”.

Russlands konservative Patrioten haben also ihr Thema gefunden. Sputnik ist Geschichte und Russlands Monopol auf die Erforschung des Weltalls war nur von kurzer Dauer. Aber jetzt gibt es ja Sputnik.ru. Und das sogar mit Schulmädchen.

Unterhaltung beginnen

Für Autoren: Anmelden »

Richtlinien

  • Alle Kommentare werden moderiert. Sende nicht mehrmals den gleichen Kommentar, damit er nicht als Spam gelöscht wird.
  • Bitte geh respektvoll mit anderen um. Hass-Kommentare, Obszönes und persönliche Beleidigungen werden nicht freigeschaltet..