Video: Krise löst in Griechenland einen Boom an Dokumentarfilmen aus

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Das 15. Thessaloniki Dokumentarfilmfestival [gr, en] das vom 15. bis zum 24. März 2013 stattfand, hatte fünf dem Thema „Krise“ gewidmete griechische Filme [gr] in seinem Programm, wie es auch voriges Jahr der Fall war [gr]. Während das Festival, wie ganz Griechenland, wachsende Verschuldung und harte Sparmaßnahmen verkraften musste, stellten immer mehr Produzenten von sowohl Dokumentar-, als auch Spielfilmen die Auswirkungen der Krise auf die Gesellschaft in den Mittelpunkt.

Dieses Jahr ist auf dem Poster und im Trailer des Festivals ein Schaf zu sehen, dem die überwältigende Vielzahl von Bildern einer Gesellschaft in der Krise die Binde von den Augen streift:

In zwei dieser Dokumentarfilme, “Greedy Profit” („Profitgier“) von Yannis Karypidis und “Cassandra's Treasure” („Kassandras Schatz“) von Yorgos Avgeropoulos, die noch dieses Jahr vorgeführt werden, steht der Streit um die Goldförderung im Skouries Wald in Chalkidiki sowie seine Auswirkungen für die örtlichen Gemeinden im Mittelpunkt. Karypidis and Avgeropoulos haben schon zusammengearbeitet, um eine preisgekrönte Chronik des ersten erfolgreichen Durchbruches der Seeblockade um Gazastreifen ins Leben zu rufen.

Der “Holocaust of memory” („Der Holocaust des Gedächtnisses“) von Stelios Kouloglou versucht dem Rätsel um das Wiederaufleben der NS-Ideologie in Griechenland auf die Spur zu kommen, wo dem Land während des Zweiten Weltkrieges durch die Nationalsozialisten so viel Leid zuteil wurde.

Nicht alle Filme, die sich mit dem Thema “Krise” auseinandersetzen, sind jedoch pessimistisch gestimmt. “Hardships and Beauties” (“Nöte und Schönheit”) erzählt von einem griechischen Cowboy unserer Zeiten, einem empirischen Philosophen und Inhaber eines der größten Bauernhöfe in Südwesten des Landes. Seine Fahrt ins Herzland Griechenlands wird zu einer symbolischen Reise in ein Land, das nie wieder so sein wird wie es einmal war:

Living in Interesting Times („Spannende Zeiten zum Leben“) verfolgt die Lebensgeschichte vier charmanter junger Leute, die in sonnigem aber dennoch düsterem Athen leben. Sie sind mit der harten Realität der Krise konfrontiert, sie müssen das, was ihnen zusteht, im Kampf erringen, sie müssen Absurdität in Kauf nehmen.

Heimarbeit im Netz?

Sowohl im Rahmen des Festivals als auch außerhalb erlebt die Industrie der Dokumentarfilme in und über Griechenland einen Aufschwung, da hochauflösende Kameras zu erschwinglichen Preisen allgegenwärtig werden und junge Kulturschaffende und Journalisten, die das Web durchaus zu nutzen verstehen, viele von ihnen frisch von ihrem Studium im Ausland, von ihren Talenten Gebrauch machen, indem sie die Not ihres Landes und seiner Einwohner aufzeichnen.

Es fing alles mit “Debtocracy” und “Catastroika” an, zwei im Internet veröffentlichten, von Creative Commons lizenzierten und durch Crowdfunding finanzierten Filmen von Journalisten Aris Hadjistefanou und Katerina Kitidi. Die Autoren setzten sich zum Ziel, den historischen Wandel des Kapitalismus in einen unersättlichen “Schuldenvirus” darzustellen, dem heutzutage Gesellschaften und Staaten anheimfallen.

Letztes Jahr stellte ein Team von 14 jungen Photographen den Film “The Prism” (“Das Prisma“), zusammen, ein fesselndes, farbenprächtiges und kompetent gedrehtes Stück aus 27 Multimedia-Geschichten, der als ein 63 Minuten langer Spielfilm mit dem Namen „Krisis“ gestaltet wurde.

Dieses Jahr sind einige unabhängige internetbasierte Dokumentarprojekte erschienen, um die Lücke zu füllen, die durch die mangelhafte Darstellung der Auswirkungen der Krise auf die griechische Gesellschaft in konventionellen Medien entstanden ist.

Debt Management” („Die Schuldenverwaltung“) ist ein 42 Minuten langer Dokumentarfilm auf Englisch von einer Gruppe junger Maler und Wissenschaftler, die in Thessaloniki leben und alternative Dokumentarfilme in Zusammenarbeit erstellen. Ihre Werke erforschen den „symbolischen Krieg zwischen dem Bestreben der Leute, die gemeinsamen Werte, menschenwürdige Lebensverhältnisse, Rechte und Bedürfnisse zu bewahren, und der Orwellianischen Finanzwelt“:

The City at a Time of Crisis („Eine Stadt zu Zeiten der Krise“) […] ist ein Forschungsprojekt, das die Folgen der andauernden Finanzkrise für städtische öffentliche Räume in Athen, Griechenland, erfasst und sich mit ihnen auseinandersetzt. In seinem Rahmen wird eine holistische interdisziplinäre Studie durchgeführt, die die Änderungen des Begriffes „Öffentlichkeit“ erforscht. Ihr Hauptgegenstand sind städtische öffentliche Räume, und sie umfasst außerdem solche Bereiche wie „öffentliches Interesse“, „öffentliche Sicherheit“, „öffentliche Versorgung“ und „öffentliches Wohl“.

Into the Fire („Ins Feuer“) […] ist ein Dokumentarfilm im Genre des Enthüllungsjournalismus über Flüchtlinge und Migranten in Griechenland, die mit harten Sparmaßnahmen und wachsendem Rassismus konfrontiert sind. Die Autoren sammelten Erfahrungen von Flüchtlingen, Asylbewerbern, Immigranten und illegalen Einwanderern, um sich ein Bild von dem Asylverfahren in diesem europäischen Grenzstaat zu machen und zu verstehen, wie es sich anfüllt, in ständiger Angst vor einem Angriff zu leben – wegen einer falschen Hautfarbe.

Portraits of Greece in Crisis (“Ein Porträt Griechenlands während der Krise”) ist ein laufendes Multimedia-Projekt, in dessen Mittelpunkt die Geschichten der durch die Krise Betroffenen stehen, ein Versuch, die griechische Krise „anzufassen“ und verschiedene Porträts davon zu gestalten.

2 Künstler auf einer Reise durch ganz Griechenland setzten sich zum Ziel, die persönlichen Geschichten ihrer Landsleute zu erzählen und die Vielfalt ihrer Erfahrungen darzustellen. Die Autoren haben vor, mithilfe des Caravan-Projektes ein Mosaik von Bildern, Erzählungen und Dokumentarmaterialien zusammenzustellen, um einen anderen Lebensstil zu präsentieren, als der von den Medien systematisch verbreitete, sowie um Aufschluss über ein Land zu geben, das nach wie vor künstlerisch tätig ist, träumt und erklärt, „wir leben in einer anderen Welt!“

http://vimeo.com/61030488

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