Portugal: Subversiver Priester hält “Moralpredigt” zum Generalstreik

Dieser Bericht ist Teil unseres Dossiers über Europa in der Krise.

[Sofern nicht anders angegeben, führen alle Links zu portugiesischen Webseiten]

Mário Pais de Oliveira, ein Priester und Autor, der diesen Monat seinen 75. Geburstag feierte, hält jede Religion für pervers und alle Ideologien für Lügen. Gleichzeitig aber nutzt er die sozialen Netzwerke zu religiösen Zwecken und teilt dort seine ganz speziellen – und subversiven – Gedanken zu den derzeitigen Ereignissen.
Seit er im März 2009 einen YouTube-Kanal eröffnete, lud er mehr als 1.300 Videos hoch, in denen antiautoritäre Prinzipien und ein sokratischer Ansatz stark unterstützt werden.
Auf seinem Facebook-Profil, das knappe 4.500 Freunde zählt, teilt er ebenfalls täglich seine “Gedanken, geboren aus mäeutischen politischen Praktiken“. Er präsentiert sich selbst als Weltbürger, pensionierter Journalist und Priester, der den Messanweisungen der Kirche von Porto folgt, jedoch „glücklicherweise, kein kirchliches Amt innehat“:

"Na Companhia de Jesus e de Ateus" Mário Pais de Oliveira, também conhecido por Padre Mário de Oliveira, (Lourosa, Santa Maria da Feira, 8 de Março de 1937) é um jornalista e escritor português. Foto de Leunam Max no Facebook.

Mário Pais de Oliveira, auch bekannt als Vater Mário da Lixa (Lourosa, Santa Maria da Feira, 8. März 1937). Foto von Leunam Max auf Facebook.

De que vale fazer carreira eclesiástica, até ser bispo residencial ou papa, ou ser gestor de uma multinacional, se, para isso, temos de desistir de vez de sermos simplesmente Humanos, outros Jesus?!

Was hat man davon, eine kirchliche Karriere zu verfolgen bis man ständiger Bischof oder Papst oder der Manager einer Internationalen Organisation wird, wenn man dafür aufhören muss einfach nur Mensch zu sein – andere, die wie Jesus sind?!

Während der Diktatur in Portugal [de], die von 1926 bis 1974 dauerte, führten sein zweifelnder Geist und „die Vermutung, dass er absichtlich subversive Aktivitäten von Studenten deckte – vor allem, indem er die Vereinigungsbewegung unterstützte, die unter dem politischen Regime jener Zeit verboten war – dazu, dass er 1967 von der Diözese von Porto als Militärkaplan der portugiesischen Armee nach Guinea-Bissau geschickt wurde. So steht es in der Biografie im Blog von Luis Graça & Camaradas da Guiné's.

Aber seine Teilnahme am Kolonialkrieg dauerte nur wenige Monate. März 1968:

foi expulso de capelão militar, por ter ousado pregar, nas Missas, o direito dos povos colonizados à autonomia e independência, e regressou à sua Diocese, rotulado pelo Bispo castrense de então, D. António dos Reis Rodrigues, como padre irrecuperável.

Da er so wagemutig war und während der Messe von Autonomie- und Unabhängigkeitsrechten der kolonisierten Bevölkerung sprach, wurde er seines Amtes verwiesen. Er kehrte zu seiner Diözese zurück und wurde von D. António dos Reis Rodrigues, dem damaligen Militärbischof, als verlorener Priester bezeichnet.

“Wir müssen neue Wege erfinden, um die Gesellschaft zu verändern“

Der gestrige Generalstreik, der dritte, der in den letzten 1,5 Jahren als Protest gegen die von der Regierung auferlegten Sparmaßnahmen und Einschnitte stattfand, ruft uns das Video in Erinnerung, das von Father Mário im Anschluss auf den Generalstreik des 24. November [en] veröffentlicht wurde. Ein Streik, der laut Regierung weniger als 11% der öffentlichen Dienste zum stillstehen brachte oder dem Schätzungen der zwei Hauptgewerkschaften (CGTP [en] und UGT [en]) zufolge, 3 Millionen Arbeiter folgten.

as centrais sindicais e os respectivos sindicatos que as integram parecem coincidir com as igrejas (…) que insistem sempre nos mesmos meios ano após ano para intervirem na sociedade. Não se está a revelar capacidade criativa, capacidade de inventar meios, processos, metodologias, conteúdos, posturas, práticas, que vão de encontro ao Grande Poder Financeiro, ao Grande Mercado Global, que está a arruinar-nos, que está a matar-nos, que está a asfixiar-nos, a levar-nos a pele e o osso. Não há. As centrais sindicais estão esgotadas, os seus líderes estão esgotados. Parece que a imaginação desapareceu. O sistema financeiro que nos mata, que nos asfixia, parece que esvazia as nossas mentes, não somos capazes já de gerar nenhuma saída, nenhuma solução que resulte, que o derrube, que o deite por terra, que o descredibilize. E de cada greve geral, o poder financeiro sai ainda mais fortalecido. (…)

Tenho pena porque a chamada Greve Geral não é Greve Geral coisa nenhuma. Grande parte da população continua a trabalhar. (…) Greve geral seria o país parar, parar! Ficarmos todos em casa, ninguém sair, ninguém fazer compras, ninguém frequentar os mercados, ninguém vir para a rua, não haver trânsito, nem carros particulares. NADA! Era greve geral: TODA a gente PÁRA! Ora enquanto a greve não for assim, não é sinal de nada. Só é sinal de reforçar o poder (…) é que a greve geral é autorizada pelo poder (…) quer dizer, o poder autoriza que se faça uma greve geral, se ele autoriza (…) é sinal de que percebe que essa greve geral – que de geral só tem o nome – é mais ficção do que realidade, por mais que mobilize muita gente a maior parte do país não é mobilizada porque não pára. Então o poder sai reforçado, porque tudo é consentido por ele. No início (…) as greves eram ilegais, não eram permitidas, era a perseguição na rua, a polícia, o poder tinham de mostrar a sua face e sair para a rua. (…) Eram greves a sério, assim não. Assim é um folclore (…). Parece mais uma romaria, uma procissão.

Die zwei Hauptgewerkschaften, und die respektiven Gewerkschaften, aus denen sie sich zusammensetzen, scheinen mit der Kirche einer Meinung zu sein (…). Eine Kirche, die Jahr für Jahr auf den gleiche Vorgehensweise besteht, in der Gesellschaft zu intervenieren. Sie stehen keineswegs kurz davor, kreative Fähigkeiten zu enthüllen: Fähigkeiten, die man dazu braucht, um Wege, Vorgehensweisen, Methoden, Verhaltensweisen und Praktiken zu erfinden, die sich der großen, finanziellen Macht, dem einflussreichen, globalen Markt, der uns ruiniert, uns tötet, uns erstickt und aus uns Haut und Knochen macht, in den Weg stellen. Nein. Die großen Gewerkschaften sind ausgelaugt, genau wie ihre Anführer. All der Einfallsreichtum scheint verschwunden zu sein. Das gleiche Finanzsystem, das uns umbringt und erstickt, leert anscheinend unseren Verstand, sodass wir keinen Fluchtplan erfinden können, keine Lösung, die das System stürzt, die es zu Boden bringt und es diskreditiert. Und mit jedem Generalstreik wird die Finanzmacht stärker und stärker. (…)

Es stimmt mich traurig, dass ein sogenannter Generalstreik mitnichten einer ist. Ein Großteil der Bevölkerung arbeitet weiter. (…) Ein Generalstreik würde bedeuten, dass das gesamte Land stillsteht. Haltet einfach an! Wir bleiben alle zu Hause, niemand geht hinaus, niemand erledigt die Einkäufe, niemand spaziert durch die Märkte, niemand ist auf der Straße, es gibt keinen Verkehr, keine Autos. Nichts! Wenn es wirklich ein Generalstreik wäre, würden ALLE ANHALTEN. Wenn das nicht passiert, bedeutet der Streik nichts. Das bestärkt die Mächtigen nur (…) und zeigt, dass der Generalstreik von ihnen autorisiert ist. (…) Mit anderen Worten: Die Mächtigen erlauben es, dass ein Generalstreik stattfindet. (…) In diesem Generalstreik (der nur so genannt wird) wurde deutlich, dass er mehr Fiktion als Realität ist. Obwohl er eine große Zahl von Menschen aus vielen Teilen des Landes zusammenbringt, sind sie nicht aktiv, denn sie halten nicht an. Und so werden die Mächtigen bekräftigt, denn alles hat ihre Zustimmung. Zu Beginn (…) waren Streiks illegal, sie waren nicht erlaubt und man wurde auf den Straßen von der Polizei verfolgt, weil die Mächtigen ihre Gesichter zeigen mussten. (…) Im Gegensatz zu heute handelte es sich um ernsthafte Streiks. Heutzutage sind sie wie Folklore. (…) Sie erinnern mehr an eine Pilgerfahrt, an einen Prozession.

Father Mário gibt noch immer das monatliche Jornal Fraternizar heraus, das seit Januar 2011 ausschließlich im Netz veröffentlicht wird. Sein Buch “Evangelho de Jesus segundo Maria, Mãe de João Marcos, e Maria Madalena” [Das Evangelium von Jesus nach Maria, Mutter von Johannes Markus und Maria Magdalena] wird am 24. März herausgegeben.

Dieser Bericht ist Teil unseres Dossiers über Europa in der Krise.

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