Werden russische Blogs genauso reguliert wie Massenmedien?

Anonymous does not care. Images remixed by Andrey Tselikov.

Anonymous weiß nichts oder es kümmert ihn nicht. Fotomontage von Andrey Tselikov.

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Am 7. April 2014  gaben zwei russische Parlamentsabgeordnete bekannt, sie würden jetzt ein Gesetz zur Steuerung des Informationsflusses im RuNet [russisches Internet] vorschlagen. Laut Andrei Lugovoi und Vadim Dengin, beides Liberal-Demokraten, sollten nach ihrem Vorschlag Blogger mit mehr als 3.000 Lesern genauso reguliert werden wie alle Massenmedien in Russland. Die Regulierung würde Fakten-Checks, Angaben zu Altersfreigaben, die Befolgung von Wahlgesetzen und weitere Verpflichtungen erfordern.

Wie Vadim Dengin gegenüber dem Nachrichten-Portal TJournal sagte, wird die Leserschaft durch die Anzahl der eindeutigen Besucher gemessen. Alle automatisierten Seitenaufrufe durch “Bots” würden nicht mitgezählt. Laut Dengin ist es Roskomnadzor, der russischen Regulierungsbehörde für Medien, möglich, ein entsprechendes Register für populäre Blogs aufzubauen und zu unterhalten. 

Verständlicherweise entrüstet diese Bekanntmachung Russlands Blogger. Einige von ihnen betrachten es einfach als weiteren Schritt des Kreml in Richtung auf eine stärkere Kontrolle der widerspenstigen und kritischen Blogosphäre in Russland. Oleg Kozyrev, Journalist und Blogger mit mehr als 8.000 “Freunden” bei LiveJournal und über 46.000 Followern auf Twitter schrieb, dass der Vorschlag das Recht der Blogger auf freie Meinungsäußerung zunichte machen würde. Es ist klar, sagt Kozyrev, dass sich dieses Ruhigstellen gegen “sozio-politische Blogger sowie gegen zivilgesellschaftliche und ökologische Projekte richtet.”

Der Kunstgalerist und frühere politische Ideengeber Marat Guelman ist genauso beunruhigt:

Не смешно: Они действительно решили блоги у которых свыше 3000 читателей при равнять к СМИ. Я не понимал как это будет работать, а тут обьяснили. Получаешь предписание обязывающее зарегестрировать. А то понимаешь Все СМИ позакрывали, а журналисты, блядь, всё никак не кончаются. У меня в твиттере 63 000.

Nicht lustig: Sie haben tatsächlich entschieden, Blogs mit über 3.000 Lesern den Massenmedien gleichzusetzen. Ich hatte nicht verstanden, wie das funktionieren soll, bis es mir jemand erklärte. Man bekommt eine Aufforderung, [seinen Blog] zu registrieren. Weil, Ihr versteht, sie haben die ganzen Massenmedien [faktisch] zum Schweigen gebracht. Aber die Sch*** Journalisten wollen einfach nicht aufhören zu schreiben. Ich habe 63.000 [Follower] meines Twitter-Kontos.

Ivan Zassoursky, ein Professor für Journalistik an der staatlichen Moskauer Universität, schrieb auf seiner Facebook-Seite, dass dieser Vorschlag einen anderen, ernst zu nehmenden, Zweck hat. Weil es Russland unmöglich ist, Twitter und Facebook zu regulieren, würde ein derartiges Gesetz, so meint er, im Endeffekt Russen “ohne Zugang zu VPN” [virtuelles privates Netzwerk] [de] von ausländischen sozialen Netzwerken fernhalten.

Zumindest ein Blogger denkt, dass so ein Gesetz, falls es wirksam wird, eine positive Wirkung auf das Netz unter Beweis stellen könnte. Man hat nichts zu befürchten, sagt Oleg Lurie, es sei denn, man will die Besteuerung umgehen, personenbezogene Daten veröffentlichen oder andere verleumden. Außerdem hat die Regierung ohnedies Möglichkeiten genug, einen Blog abzuschalten, wenn sie es will. Das Ganze hat auch etwas Positives – wenn Blogger zu Massenmedien werden, sind Regierungsstellen dazu angehalten, auf deren Presseanfragen zu antworten und mit Bloggern zu kooperieren; genauso wie es gegenüber Journalisten [mit Presseausweis] der Fall ist.

Die meisten Menschen sind jedoch nicht überzeugt und haben das Gefühl, dass ein Gesetz zur Einschränkung der Meinungsfreiheit, sobald es wirksam geworden ist, mehr Ärger als Nutzen bringt. In den Worten des früheren Bankers und beliebten Bloggers Roman Avdeev:

Я не хочу проводить никаких параллелей, но когда в Египте отключили Facebook и twitter, люди просто вышли на улицы… Нужно ли нам это?

Ich will nicht irgendwelche Parallelen ziehen, aber als sie in Ägypten bei Facebook und Twitter den Schalter umgelegt hatten, gingen die Menschen auf die Straße … muss es bei uns wirklich soweit kommen?

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