Indien: Die letzte handgeschriebene Zeitung der Welt

[Alle Links sind auf Englisch sofern nicht anders angegeben.]

Die allerersten Zeitungen [de] wurden von Hand geschrieben, doch heute ist The Musalman wahrscheinlich die letzte handgeschriebene Zeitung der Welt. Die urdusprachige Zeitung wurde 1927 von Chenab Syed Asmadullah Sahi gegründet und erscheint seither täglich in der indischen Stadt Chennai.

Herausgeber der Zeitung ist derzeit Syed Asmadullahs Enkel Syed Arifullah. Sechs kunstfertige Kalligraphen erstellen jeden Tag die vier Seiten der Zeitung, die eine Auflage von etwa 23.000 Stück hat. Das Blatt berichtet auf Urdu über Nachrichten unter anderem aus den Bereichen Politik, Kultur und Sport.

In einer Zeit der technischen Neuerungen, da gedruckte Zeitungen aussterben, weil Nachrichten online gelesen werden, ist solch eine persönliche Note selten. Die Zeitung kostet 75 Paise – etwa einen Cent.

Signboard of the office. Screenshot from the video The Musalman

Firmenschild der Zeitung. Bild aus dem Video The Musalman

MadanMohan Tarun berichtet:

Die Zeitung wird derzeit von Syed Arifullah herausgegeben. Er übernahm diese Aufgabe nach dem Tod seines Vaters, der die Zeitung 40 Jahre lang geleitet hatte. Syed Arifullahs Großvater hatte sie 1927 gegründet. Das Blatt hat sein ursprüngliches Aussehen bewahrt und sich der Urdu-Computerschrift verweigert.  […]

Die Erstellung einer Seite dauert etwa drei Stunden. Teilzeitjournalisten liefern die Nachrichten auf Englisch, dann werden sie ins Urdu übersetzt. Katiben – Schreiber, die die alte Kunst der urdischen Kalligrafie beherrschen – bringen das Ganze aufs Papier. Danach wird ein Negativ der handgeschriebenen Zeitung angefertigt und auf Druckplatten gedruckt.

Afsar Shaheen erklärt in einem Post auf Luthfispace, warum die Zeitung immer noch mittels Lithografie (Steindruckverfahren) hergestellt wird:

Das Schriftsetzen für Urdu ist sehr schwierig, und im Vergleich zu handschriftlichen Texten sehen maschinelle Schriftsätze hässlich aus. Darum wurde für Urdu die Lithografie gewählt, während andere Sprachen maschinelle Schriftsätze übernommen haben.

Die Entwicklung des Computers hat das Schreiben auf Urdu sehr erleichtert, denn Computer erlauben Kalligrafie ohne die Probleme des Lithografiedrucks. Doch ein Buch oder eine Zeitung, die von einem guten Katib geschrieben und ordentlich lithografiert wurden, sind sehr schön und ansprechend; computergeschriebenes Urdu kann da nicht mithalten.

Dieser Kurzfilm über die Zeitung von Regisseur Ishani K. Dutta wurde von der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit des indischen Außenministeriums produziert und auf YouTube hochgeladen:

5 Kommentare

  • Statistiker

    Mal rechnen….

    Hmmmm. 23.000 Exemplare a vier Seiten = 92.000 Seiten

    Sechs Kalligraphen….. also: 92.000 durch 6 = ca. 15.000 Seiten pro Kalligraph.

    Selbst wenn diese 12 Stunden am Tag arbeiten…. gleich 43.200 Sekunden, dann heißt das, alle DREI Sekunden eine Seite…..

    Leute, denkt nach, bevor Ihr Scheiße salbabert.

    • Hast du den Artikel gelesen? Dann vielleicht auch diese Sätze: “Katiben – Schreiber, die die alte Kunst der urdischen Kalligrafie beherrschen – bringen das Ganze aufs Papier. Danach wird ein Negativ der handgeschriebenen Zeitung angefertigt und auf Druckplatten gedruckt.”

      • Harri

        @ Katrin Zinoun

        Eine sachliche und präzise Replik. Respekt. Ich muss zugeben, dass ich zunächst ähnliche Gedanken hegte wie der “Statistiker”, jedoch weiterlas. :)

        Die Überschrift ist allerdings etwas unglücklich gewählt, weil sie suggeriert, dass tatsächlich die gesamte Ausgabe der Zeitungen handgeschrieben sei. Das ist schon ein gewaltiger Unterschied.

  • nichtrechnenkönner

    und man sollte den gesamten Text lesen können, bevor man dumme Kommentare schreibt.

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