Sri Lanka: Ein getöteter Journalist und viele offene Fragen

Lasantha Wickrematunge, investigativer Journalist und Herausgeber des Sunday Leader wurde am Montag auf einem Friedhof in Colombo beigesetzt. Er wurde eine Woche zuvor am helllichten Tag auf seinem Weg zur Arbeit erschossen.

Wickrematunge und seine Zeitung waren offene Kritiker der Regierung und ihres Krieges gegen die LTTE, und brachte darüber hinaus Artikel über Korruption innerhalb der Regierung. Die Sunday Leader befindet sich zur Zeit inmitten eines Verleumdungsprozesses mit dem Verteidungsminister Gotabhaya Rajapaksa. Der Mord des Journalisten kam erst zwei Tage nach dem Angriff in die Nachrichten auf Sirasa TV, einem der großen Fernsehsender in Sri Lanka.

indi.ca photo of the funeral procession for Lasantha Wickramatunga

Prozession während der Beisetzung, Foto via Indi.ca, genutzt unter einer Creativ Commons Lizenz

Nalaka Gunawardene beschreibt die Stimmung während der Beisetzung auf Moving Images, Moving People!:

Heute Nachmittag brachten Familie, Freunde und viele traurige Bewunderer den mutigen Zeitungsverleger Lasantha Wickramatunga in stiller Andacht hierher. Er wurde letzte Woche am hellichten Tag brutal getötet.

Aber nicht bevor sie ein feierliches Versprechen abgaben. Alle denkenden und freiheits-liebenden Menschen würden weitermachen, um den finsteren Versuchen zu widerstehen, den Rest Sri Lankas in ein steriles Land aus Zombies zu verwandeln, in dem es weder Diskussionen noch Debatten gibt.

Indi und indi.ca veröffentlichten Fotos und Kommentare von der Beisetzung. Der Vikalpal Channel auf YouTube verzeichnet einen Zuschaueranstieg seit auf ihm Videos veröffentlicht wurden über den Mord und die anschließenden Proteste.

Der unverschämte Mord hat Debatten wiederbelebt in der englischsprachigen Blogspähre Sri Lankas. Über die Rolle der Regierung und wie sie ihre Kritiker zum Schweigen bringt, über den Zustand des Journalismus auf Sri Lanka und über den Konflikt selbst.

Ein nicht-unterschriebener Leitartikel in Wickremantunges Namen, der im Sunday Leader dieses Wochenende erschien, wurde ins Netz gestellt und dort weiterverbreitet. Auf seinem Blog im Daily Paragraph schreibt der frühere Südasien-Korrespondent Peter Foster über den Leitartikel und die verstummte Arbeit Wickremantunges:

Sein Tod, geschickt verdeckt in der Tagespresse durch die Ereignisse in Gaza, und zu hause durch die Siege der sri-lankischen Armee am Elefanten-Pass gegen Tamilischen Tiger (LTTE), leutet die Totenglocke für die Zivilgesellschaft in Sri Lanka.
Wie bei den anderen staatlich sanktionierten Tötungen in Sri Lanka, wird die versprochene Aufklärung ein ruchlose Täuschung sein. Seine Mörder werden nicht gefasst, und wir werden niemals erfahren, wer es getan hat.
Wie auch immer, Mr. Wickremantunge, der noch aus seinem Grab heraus schreibt (siehe oben), hat keinen Zweifel daran wer hinter seinem Mord steckt: Das Rajapakse-Regime und seine gesetzlosen Stellvertreter.

Blogger fragen, ob Wickremantunge wirklich diesen Artikel verfasste, bevor er seinen Verletzungen erlag, oder ob er von einem Anderen geschrieben wurde. In Mutiny bezeichnet den Leitartikel als einen “der besten Artikel, den wir in Sri Lanka seit langer Zeit gelesen haben”; zeigt aber auch auf, das es nicht “eindeutig klar ist, wer den Artikel verfasste”. Jack Point auf Court Jester zweifelt an der Echtheit des Artikels:

Ich bin natürlich offen für Einwände – kann jemand, der Bescheid weiß, den Verfasser nennen? Wenn er ihn tatsächlich geschrieben hat, ist er wirklich prophetisch und ein passender Tribut an diesen Mann. Andernfalls sieht es aus, wie ein kreativ geschriebenes Stück Papier, ein Stück Theater, was diese Zeitung ja auszeichnet.

Moving Images-Blogger Nalaka Gunawrdene schreibt in Himal South Asian:

Ich habe keine Ahnung ein oder mehrere seines Teams wirklich diesen „letzten Artikel“ geschrieben haben, aber es klingt durch und durch authentisch nach Lasantha: leidenschaftlich und zuvorkommend, liberal und dennoch kompromisslos, über das, was im lieb und teuer war. Ich kann nicht den leisesten Unterschied im Stil erkennen.
Und darin liegt unsere Hoffnung: während Lasantha mit 51 Jahren begraben wurde, gefallen durch Gewehrkugeln, sind sein Geist und seine Leidenschaft da draußen, die seine Lebensaufgabe fortsetzen. Wenn investigativer Journalismus eine Bazille ist, dann hat dieser Mann bereits einige seiner Kollegen angesteckt.

Reporter ohne Grenzen schreibt in einer Pressemitteilung, dass Präsident Mahinda Rajapaksa, seine Kollegen und das Staatsfernsehen öffentlich zu tadeln wären, weil sie den Hass gegen ihn schürten. Und weil sie ein unverschämtes Niveau an Straffreiheit zuließen, wenn es um Gewalt gegen die Presse ginge.

Die Kommentarbereiche waren schnell gefüllt mit Debatten über solche Behauptungen. Auf der Seite Groundviews über Bürgerjournalismus, traten der ehemalige Präsident Chadrika Kumaratunga dem Gefecht bei, und Sri Lankas Botschafter bei den Vereinten Nationen Dayan Jayailleka.

Groundviews Herausgeber Sanjana Hattotuwa nahm zur Untätigkeit der Regierung Stellung und zu einem vergessenen Ausschuss, der gegründet wurde, um Beschwerden der Journalisten zu hören:

In beiden Fällen (dem Mord an Wickramatunge und dem Brandanschlag auf den privaten Fernsehsender MBC/MTV) machte die Regierung Rajapaksas eine mysteriöse, bewaffnete Kraft verantwortlich, welche die Regierung diskreditieren wolle. Sie tat das, was sie am Besten kann: ausgesprochene Entrüstung zeigen, eine umfangreiche Untersuchung anordnen, und einen Ausschuss einberufen, der Nachforschungen anstellen soll.
Und sie verdrängt dabei so wunderbar den Kabinettsunterausschuss für Beschschwerden der Journalisten. Er wurde im Juni 2008 gebildet und ist heute weitestgehend vergessen. Niemand weiß, ob der noch existiert, wie man ihn erreicht, was er tut, oder ob er jemals Empfehlungen abgegeben hat zum Schutz von Journalisten.

Indi.ca ruft die Journalisten auf, den Rat der Minister anzunehmen und sich selbst zu schützen, durch Selbstverteidigung und gegenseitigen Schutz.

Wickremantunge war nicht überall als seriöser Journalist anerkannt. Viele prominente Blogger stimmten nicht mit dem Inhalt seiner Artikel überein und hielten seine Reporter für schlüpfrig. Aber noch beklagen sie seinen Tod und fordern Gerechtigkeit und das Recht auf freie Rede. Auf Groundviews schreibt Lionel Bopage:

Meine offensichtlichen politischen Unterschiede mit Lasantha hindern mich nicht daran ihn zu schätzen: seine persönlichen, politischen und journalistischen Qualitäten als führenden Kopf der Medien auf der Insel [Sri Lanka]. Er war ohne Angst und bereit Dinge mutig aufzudecken und kritisch herauszustellen, wenn er glaubte es ginge um die Wahrheit. Seine Ermordung ist ein tragischer Verlust für alle Menschen in Sri Lanka.

In den letzten Wochen stehen die bedeutenden Siege der sri-lankischen Armee im medialen Fokus der Hauptstadt. Blogger Cerno meint, dies sollte die Angriffe auf die Medien überlagern:

Der Mord am Herausgeber des „Sunday Leader“ und die Angriffe auf Sirasa TV entziehen den Fokus von den tapferen Gefechten, welche die LTTE zurückdrängen. Der Krieg ist noch nicht vorbei. Der harte Kampf steht noch bevor. Und dann kommt der schwierigste Teil: Frieden wieder zu ermöglichen, in jeder Sekunde, so das unsere Enkelkinder (sollten wir welche haben) sich nicht mehr beschäftigen müssen mit diesem Mist. Gehören wir nicht zu den Glücklichen?

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