Bloggen für ein freieres Afghanistan

Nasim Fekrat aus Kabul ist seit Jahren aktiver Blogger. Er hat ein englisches Blog, ein farsi Blog und ein Fotoblog. Außerdem beteiligt er sich an mehreren Bürgerjournalismus-Projekten wie Afghan Press und Afghan Penlog. Mit uns sprach er über die Herausforderungen und Errungenschaften in afghanischen Medien, sowie über neue Projekte.

GV: Bitte erzähl uns von Afghan Penlog. Seit wann gibt es das Projekt, und welche Ziele habt ihr?

Die Vereinigung der afghanischen Blogautoren (Afghan Penlog) wurde im April 2006 ins Leben gerufen. Vor allem wollten wir afghanische Blogger aus der ganzen Welt zusammenführen um ihre Rechte zu Verteidigen.

Wir haben auch Pressemitteilungen zu einigen Verhaftungen von Journalisten veröffentlicht.

Vor kurzem habe ich Onlinekurse für afghanische Blogger angeboten. 2008 soll es noch mehr solcher Angebote geben. Ich selbst habe bisher einzelne Personen unterstützt, aber nun möchte ich größere Gruppen unterrichten. Studenten und junge Journalisten sollen in unseren Kursen das Bloggen lernen, damit sie ganz einfach ins Netz schreiben können.

In Afghanistan gibt es keine freien Medien, aber in Blogs kann jeder, der nicht unter seinem richtigen Namen in den afghanischen Medien auftauchen kann oder will seine Gedanken mitteilen.

GV: Wie viele Blogger gehören zu Afghan Penlog? Gibt es auch nicht-afghanische Mitglieder?

Insgesamt gibt es 128 Mitglieder, deren Blogs auf unserer Seite aufgelistet werden. Manche der Blogs sind auf Englisch, andere in Farsi/Dari – jeder Farsi-Blogger kann Mitglied werden. Schon jetzt kommen zwei der Blogger aus dem Iran. Den Rest bilden die Afghanen, die überall auf der Welt leben.

Medien unter Druck

GV: Es scheint, dass mehrere afghanische Journalisten in letzter Zeit unter hohem Druck stehen. Warum?

Nun, wir hatten wirklich noch nie so mächtige Medien wie heute.

Unter der Herrschaft der Taliban gab es keine TV-Sender, Radiostationen oder Zeitungen. Es gab nur Radio Kabul, dass religiöse Lieder ohne Musik ausstrahlte, dazu den Koran und die Nachrichten der Taliban. Zur Zeit der Mudschahid war es schlimmer.

Nach dem Sturz der Taliban entstanden in einem einzigen Jahr mehrere Magazine und Zeitungen. Jeden Tag wuchs das Angebot, aber noch war alles unprofessionell. Viele Journalisten bekamen Probleme und mussten ins Gefängnis. Andere mussten das Land verlassen, denn die Warlords sind noch immer an der Macht. Wenn Journalisten sich frei äußern wollen könnten sie von einem örtlichen Beamten, der früher vielleicht beim Militär war, unter Druck gesetzt und eingeschüchtert werden.

Die Regierung in der Hauptstadt ist hingegen schwach und kann den Journalisten nicht helfen. Und auch die Regierung hat versucht die unabhängigen Medien zu zensieren. Eine neue Gesetzgebung für Medien muss noch beschlossen werden.

Auch die fanatischen islamistischen Fundamentalisten haben ihre Finger im Spiel. Den ist egal, was die Regierung sagt, genauso wie die Menschenrechte, Meinungsfreiheit, Frauenrechte oder die Demokratie. Sie beurteilen alles anhand der Scharia.

Wie würdest du die afghanische Blogosphäre beurteilen?

Nun, jeden Tag gibt es mehr Blogs in Afghanistan und sie werden immer besser. Soweit ich das beurteilen kann werden Blogs in Afghanistan immer beliebter. Es Phänomen ist für die Afghanen neu, aber sie sind sehr interessiert. Täglich bittet mich irgendwer, ihm beim Einrichten eines Blogs zu helfen. Das hat bestimmt auch damit zu tun, dass wir kaum freie Medien haben.

Afghan Press, ein neues Projekt für Bürgerjournalismus

GV: Du beteiligst dich auch an Afghan Press. Worum geht es bei dem Projekt?

Afghan Press soll Menschen im Ausland korrekte Lokalnachrichten bieten. Ich leite das ganze.

Wie ihr wisst haben wir keine Onlinemedien, die Nachrichten unabhängig ins Ausland bringen. Täglich hören wir von Explosionen, Selbstmordattentate, Autobomben, Morden und Raubdelikten in Afghanistan. Aber wer berichtet über soziale Themen, die Situation der Frauen, Bildung, Musik, Literatur, Kultur und die afghanischen Traditionen?

Wenn ich die Nachrichten lese bekomme ich Selbstmitleid und frage mich, warum wir als brutal und gewalttätig dargestellt werden. Afghan Press soll zeigen, dass wir nicht anders sind als der Rest der Welt. Wir werden vergessen, und man muss sich dringend an uns erinnern.

Die Herausforderung Elektrizität

 GV: Du hast einmal gesagt, das größte Problem für afghanische Blogger sei die Knappheit des Stroms. Kannst du uns die alltäglichen Herausforderungen für einen Blogger in Afghanistan beschreiben?

Das stimmt. Die Bedingungen für uns Blogger sind hart. Ständig fällt der Strom aus, das ist hier ganz normal. In 24 Stunden gibt es 5 Stunden lang Strom, aber auch regelmäßige Ausfälle. Wir müssen unsere Artikel dann auf Papier schreiben und warten, bis der Strom wieder da ist.

Immer wenn wir etwas getippt und auf einem Memory Stick gespeichert haben, müssen wir eine ganze Strecke laufen um ins Internet gehen zu können. Das dauert bis zu einer Stunde, und das Tag für Tag.

 Ein gebrauchter Computer hilft sehr

GV: Wie können internationale Organisationen helfen, das Bloggen in Afghanistan zu verbreiten?

Die Blogger in Afghanistan sind sehr arm, ich bin mir sicher internationale Organisationen könnten helfen. Ich bitte jeden Leser dieser Zeilen uns zu unterstützen. Ich glaube, dass wir keine Informationen aus Afghanistan liefern können, wenn wir nicht moderne Medienstrukturen entwickeln. Wir brauchen internationale Hilfe.

Um dieses Land aufzubauen müssen wir die Menschen informieren, unterrichten und anleiten. Wir, die Afghan Penlog bitten um Unterstützung bei unseren Zielen. Eine große Hilfe wären gebrauchte Computer, Laptops, Kameras und Speicherkarten.

GV: Gibt es noch etwas, dass du den Lesern von Global Voices Online sagen möchtest?

Ich schätze mich glücklich, die Gelegenheit bekommen zu haben, meine Ideen mit den Lesern von Global Voices zu teilen. Ich finde GV sehr interessant und lese euer Zeug, also macht weiter so. Ich möchte auch GV bitten die afghanischen Blogs zu fördern.

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