Venezuela: Beginnt nun die Aussöhnung?

Inmitten der Wirren und der Zusammenstöße, die nach den Wahlen vom 14. April die Straßen von Venezuela und das Netz beherrschten, waren Bürgermedien zugleich auch Schauplatz von Nachdenklichkeit und Besinnung.

Während viele Blogger sich über die nächstmöglichen Szenarien unter dem Mandat von Nicolás Maduro austauschten, gingen andere der Frage nach was der beträchtliche Verlust von Wählerstimmen in solch kurzer Wahlkampfzeit zu bedeuten habe. Fehler und mögliche Strategien wurden erörtert und Brücken für einen Dialog gespannt, die – so scheint es – bis zur anderen Seite der Gesellschaft hinüberreichen könnten.

Viele derartige Äußerungen wurden auf der Webseite von Aporrea [es] gepostet, auf der zur Unterstützung des Chavismus eine Plattform eingerichtet wurde. Viele wurden jedoch auch von oppositionsnahen Bloggern und Facebook-Nutzern geteilt.

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Ein Beispiel für solch nachdenkliche Überlegungen kam von Juan Gómez Muñoz, der in seinem Kommentar die Notwendigkeit eines Dialogs betont:

Otro tema que está en el tapete es el de la “reconciliación” y ciertamente, es hora de reconciliarnos, primero porque YA NO SOMOS MAYORÍA, pero a lo que me quiero referir es a la reconciliación con buena parte de los más de 7 millones de venezolanos que votaron por Capriles, esos compatriotas, ni son oligarcas (no la inmensa mayoría de ellos), ni son apátridas; no solo hemos sido incapaces de promover y entusiasmarlos a ellos con nuestro proyecto, es que hemos espantado de nuestra propias filas a varios que antes nos acompañaban! (…)

Ein weiteres Thema, das noch auf den Tisch muss, ist die “Aussöhnung” – und sicherlich ist der Zeitpunkt dafür gekommen – zunächst einmal weil wir NICHT MEHR DIE MEHRHEIT DARSTELLEN, aber worauf ich vor allem hinaus will ist auf die Aussöhnung mit den 7 Millionen Venezolanern, die Capriles gewählt haben; diese Mitbürger, die weder Oligarchen sind (nicht in ihrer großen Mehrheit), noch staatenlos; wir haben es nicht nur nicht geschafft unser Projekt voranzutreiben und sie damit zu begeistern, sondern wir haben selbst einige aus unseren eigenen Reihen verschreckt, die uns davor noch unterstützten!

Mit einem ähnlichen Gedanken und basierend auf den Analysen einiger Wahldaten bemerkt Nicmer Evans – ebenfalls veröffentlicht auf Aporrea:

Todo ese juego de números se resume de la siguiente manera: hubo sumas que no sumaron. Una campaña cargada de elementos que no contribuyeron a satisfacer las expectativas del capital político heredado el 7 de octubre, con ausencia de contenidos claves que permitieran convencer a nuevos sectores sociales a incorporarse al proceso revolucionario, pero sobre todo, el abandono de los sectores propios del chavismo, en especial a los sectores lealmente críticos y comprometidos…

Entre las elecciones del pasado 7 de octubre de 2012 y 14 de abril de abril fueron 615.626 votos menos para los partidos del proceso revolucionario, mientras que alrededor de 711.337 votos incrementó la opción política antichavista en apenas seis (06) meses (…).

All diese Zahlenspiele lassen sich auf folgende Weise zusammenfassen: Einige Rechnungen sind nicht aufgegangen. Eine Wahlkampagne voller Dinge, die nicht dazu beitrugen die Erwartungen des politischen Kapitals zu erfüllen, das uns am 7. Oktobers vermacht wurde, dann ein Mangel an Schlüsselinhalten, die es ermöglicht hätten neue soziale Segmente davon zu überzeugen sich dem revolutionären Prozess anzuschließen, doch vor allem das Abwenden von eigenen Fraktionen des Chavismus, vor allem von den kritischen und engagierten doch stets loyalen Segmenten…

Zwischen den Wahlen vom 7. Oktober 2012 und den jetzigen vom 14. April wurden für die Parteien des revolutionären Prozesses 615 626 Stimmen weniger verzeichnet, während die antichavistischen Parteien der Opposition um etwa 711 337 Stimmen in nur sechs (06) Monaten (…) zulegen konnten.

Ihrerseits antwortet Adriana González (@Adri021) im gleichen selbstkritischen Tonfall auf die Bekundungen von Henrique Capriles, in welchen dieser die Verantwortlichen für die Gewalttaten, die während der Zusammenstöße an Chavismus-Aktivisten begangen wurden, als “Spione” [es] angreift:

@Adri021: Ahora, lo de “infiltrados” en las manifestaciones opositoras es generalizar, sí hay radicales en estas filas… un poco de poravor también

@Adri021: Nun aber von “Spionen” bei den oppositionellen Kundgebungen zu sprechen ist wirklich eine Verallgemeinerung – ja, es gibt Radikale in diesen Reihen… aber ein bisschen gesunden Menschenverstand, bitte.

Auf die gleiche Weise teilte Héctor Palacios über seinen Facebook-Account seine Antwort auf die zahlreichen Aufrufe vieler Exil-Venezolaner, die forderten Unterschriften zu sammeln um einen Antrag auf Neuauszählung der Stimmen auf einer vom Weißen Haus überwachten Webseite [en] zu stellen:

Por cierto, no voy a firmar ninguna petición de reconteo de votos en ningun sitio de la Casa Blanca. Un poco de sentido común con la otra mitad del país.

Übrigens, ich werde keinerlei Petition zur Neuauszählung der Stimmen auf einer Webseite des Weißen Hauses unterschreiben. Ein bisschen gesunden Menschenverstand bei der Berücksichtigung der anderen Hälfte des Landes.

In diesem Sinne veröffentlichte er in seinem Blog einen Post mit dem Titel “10 Tipps wie man richtig diskutiert” [es], in dem es in Punkt 2 heißt:

2. Escuchar. Obvio, ¿no?, pero no tan fácil. No es escuchar para poder atacar más fácilmente. Sino escuchar porque realmente uno puede estar equivocado en ciertas cosas. Lo más difícil es escuchar al otro de verdad, entre líneas, incluso entre gritos. Escuchar incluso para establecer un nexo, para tratar de saber como se siente el otro y porqué. Más importante si somos contrincantes en una de esos campos de batalla que salen día a día. Si uno no escucha de verdad, está condenado a no aprender, a seguir siendo el mismo.

2. Zuhören. Offensichtlich, nicht? Aber nicht so einfach. Gemeint ist nicht Zuhören um danach besser attackieren zu können. Sondern Zuhören weil man tatsächlich bei manchen Dingen falsch liegen könnte. Das Schwierigste ist es dem anderen wirklich zuzuhören und auch zwischen den Zeilen zu lesen, sogar wenn geschrien wird. Zuhören auch um eine Verbindung herzustellen und versuchen zu verstehen wie sich der andere fühlt und weshalb. Das ist besonders wichtig wenn man sich in einem dieser Schlachtfelder als Kontrahenten gegenübersteht, welche jeden Tag aufs Neue hervorbrechen. Wenn man nicht wirklich zuhört, ist man dazu verdammt nichts zu lernen und der Gleiche zu bleiben.

Abermals aus dem Lager der Chavisten und über den YouTube-Account Rio Agua de Vida [es] wurde ein Video veröffentlicht, in welchem eine Anhängerin von Hugo Chávez sich an Nicolás Maduro wendet und ihn um eine Nachzählung der Stimmen bittet um entweder das Ergebnis richtig zu stellen oder um die Mehrheit in den Wahlen zu untermauern. Das Video wurde in den sozialen Netzwerken etliche Male geteilt und unterstützt und es wird gestützt durch die persönlichen Daten am Ende des Videos, welche die Authentizität der Stellungnahme bestätigt.

Und schließlich erinnert Luis García Mora auf der Webseite ProDavinci [es] nochmals an die Dringlichkeit der sozioökonomischen Situation, die er als Erbe der Jahre unter Chávez begreift, aber die unvermeidbar als gemeinsamer Nenner allen Venezolanern aufgebürdet wird:

Todos estamos inmersos en esto. Ésta es la herencia de Chávez. Una bomba de ingobernabilidad. Una bomba económica. Una bomba social. Y no hay tiempo.

Wir stecken alle da drin. Das ist das Erbe von Chávez. Eine Bombe der Unregierbarkeit. Eine wirtschaftliche Bombe. Eine gesellschaftliche Bombe. Und die Zeit läuft ab.

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