Spanien: “Nachbar, wach auf, der Gerichtsvollzieher steht vor der Tür!”

Dieser Bericht ist Teil unseres Dossiers über Europa in der Krise.

In den schweren Zeiten der Krise und Sparmaßnahmen seitens der Regierung sind die Augen der Bürger auf die Banken gerichtet. Die Meldung über eine Geldspritze von 10 Milliarden Euro der Regierung für die spanische Bank Bankia hat diverse Reaktionen im Netz ausgelöst. Der Blog Plattform für die Verstaatlichung von Sparkassen [es] äußerte sich zu dieser Nachricht wie folgt:

La nueva inyección, que puede alcanzar los 10.000 millones de euros —mientras se recortan miles de millones en la Sanidad y la Educación públicas— en bonos contingentes convertibles en el Banco Financiero y de Ahorros volverá a ser insuficiente. (…)La propuesta de una banca pública bajo control democrático y gestionada con transparencia, creada mediante la nacionalización de las cajas de ahorro, no es una de las opciones posibles para resolver la actual crisis. Es la única solución porque es imposible la movilización de fondos privados en la cuantía necesaria para recapitalizar las entidades financieras españolas.

Die neue Finanzspritze in Form von konvertierbaren Wertpapieren für die Finanz- und Sparbank könnte eine Höhe von 10 Milliarden Euro erreichen, während im Gesundheits- und Bildungsbereich Milliarden gespart werden, und sie wird am Ende nutzlos sein. (…) Der Vorschlag einer öffentlichen Bank, die unter demokratischer Kontrolle steht und transparent geführt wird, geschaffen durch die Verstaatlichung der Sparkassen, ist nicht nur eine mögliche Option, um die derzeitige Krise zu lösen, sie ist die einzige Lösung. Denn es ist unmöglich, die Menge an privaten Geldmitteln zu mobilisieren, die benötigt wird, um die Banken zu rekapitalisieren.

Die Banken erhalten für ihre Rettung nicht nur öffentliche Gelder, sie sind auch für eine Vielzahl von Zwangsräumungen verwantwortlich, die in Spanien durchgeführt werden und die 2011 eine Rekordzahl erreichten. In Lavapiés, einem Viertel im Zentrum von Madrid, wurde heute Morgen eine weitere Zwangsräumung vollzogen, ohne dass die Bank Banesto und die zuständige Gerichtskommission über die Bezahlung oder die Möglichkeit einer sozialen Vermietung verhandeln wollten. Zwei Familien aus Bangladesch wurden aus ihrer gekauften Wohnung in Calle Fray Ceferino, Nr. 12 geworfen, nachdem sie zusätzlich zur Verschlechterung ihrer beruflichen und finanziellen Situation mit einer Eröhung der Kreditzinsen konfrontiert wurden. Das berichtet der Blog CIERRABANESTO [Schließe Banesto] [es] in seinem “Handbuch zur Vertreibung einer Bank aus einem Stadtteil”:

Como sabéis, Banesto pretende dejar a Uddin, Hafiz, sus señoras esposas y sus cuatro niñxs en la calle el próximo 9 de mayo. Sí, será la segunda confrontación entre la dignidad y la barbarie, después de que el pasado 28 de marzo Lavapiés ganase el primer encuentro. Nuestrxs vecinxs como tantxs otrxs aquí, en Españistán, escucharon el canto de las sirenas bancarias que gobiernan y se creyeron que debían y podrían tener una casa propia. Ahora están a punto de ser expulsados de esa casa con una deuda pendiente casi tan grande como el crédito original.

Wie ihr wisst, hat Banesto am kommenenden 9. Mai vor, Uddin, Hifaz, deren Ehefrauen und deren vier Kinder auf die Straße zu setzen. Ja, das wird die zweite Konfrontation der Würde und der Barbarbei seit das erste Aufeinandertreffen in Lavapiés am vergangenen 28. März gewonnen wurde. Unsere Nachbarn und Nachbarinnen, wie so viele andere auch hier in Spanien, sind den Stimmen der Sirenen, der machthabenden Banken, gefolgt und glaubten, dass sie ein eigenes Haus haben sollten und konnten. Nun stehen sie kurz vor dem Rauswurf aus diesen Häusern, mit offenen Schulden fast so hoch wie der ursprüngliche Kredit.

Einer der Betroffenen bringt das letzte Möbelstück aus seiner Wohnung. Foto von Elena Arrontes.

Dank der Unterstützung von 80 Personen wurde am vergangenen 28. März ein Aufschub der Zwangsräumung auf den 9. Mai erreicht. Doch ein übertriebener Polizeiaufmarsch versperrte an diesem Tag den Zugang zur Straße, wodurch die Proteste eine Enteignung durch die Bank Banesto schlussendlich nicht verhindern konnten. Trotz des Polizeiaufkommens – sogar ein Polizeihubschrauber wurde eingesetzt -, das die Straße blockierte, ließen Solidaritätsbekundungen nicht auf sich warten. Angesichts des Rauswurfs traten diverse Hilfsgruppierungen in Aktion. An beiden Enden der Straße waren unterschiedliche Slogans zu hören: “Was für ein Zufall, es steigen die Armut und zugleich die Ausgaben für die Polizei!”, “Ich würde mich schämen, eine Familie rauszuwerfen.”, “Nachbar, wach auf, der Gerichtsvollzieher steht vor der Tür”, “Heute holen sie doch, morgen mich.” …

Ankunft eines Betroffenen begleitet von einem Rechtsanwalt. Foto von Elena Arrontes.

Für den Fall, dass die Immobilienfirma der Bank und die Polizei die Zwangsräumung, die eigentlich für 8 Uhr morgens vorgesehen war, vorziehen würden, fand sich am Vorabend eine Gruppe von 20 Personen in der Wohnung von Uddin und Hafiz ein. Die Gruppe musste die Wohung gegen 9 Uhr 30 verlassen. Zur selben Zeit trafen sich Uddin und Hafiz, begleitet von einem Rechtsanwalt der Plattform für Opfer der Hypotheken (PAH) mit der Gerichtskommission und unterzeichneten die Räumung.

Arbeitslose, Studenten, engagierte Nachbarn und die Stadtteilversammlungen beteiligen sich mehrmals wöchentlich an ähnlichen Fällen und fordern in den sozialen Medien zum Mitmachen auf. Die PAH verbreitet auf ihrer Webseite neue Aufrufe [es] zur Eindämmung der Zwangsräumungen in Madrid und Barcelona. Bedauerlicherweise hatten Uddin und Hafiz kein Glück und die Zwangsräumung wurde durchgeführt, doch es gibt andere Fälle, die dank des Drucks der Bevölkerung gut ausgingen. Die Bank Banesto zeigte keine Flexibilität, unter anderem, weil ihr Image, im Gegensatz zu Bankia, durch die Zwangsräumungen noch nicht zu sehr beschädigt wurde.

Dieser Bericht ist Teil unseres Dossiers über Europa in der Krise.

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