Die Erfolgsserie Fauda zeigt das Chaos der israelisch-palästinensischen Kluft

A scene from the hit Israeli TV show "Fouda." Credit: Courtesy of Yes

Eine Szene aus der israelischen Erfolgsserie Fauda. Foto: Courtesy of Yes, mit freundlicher Genehmigung veröffentlicht.

Dieser Artikel und Radiobericht von Dalia Mortada für The World erschien urspünglich auf PRI.org am 8.Juli 2015 und ist hier im Rahmen einer Vereinbarung zur gemeinsamen Nutzung von Inhalten wiederveröffentlicht.

Der Vorspann zu “Fauda” ist bereits mitreißend: kraftvolle Musik mit einer orientalischen Note, Szenen mit bewaffneten Kerlen, schönen Frauen, Sex und Tod. Keine Überraschung also, dass manche Leute süchtig danach sind.

Der israelische Actionkrimi ist Quelle großer Begeisterung und Spannung in Israel und Palästina. Fauda, Arabisch für Chaos, handelt von einer in Palästina operierenden, geheimen Eliteeinheit der israelischen Armee, die dort ein militantes Hamasmitglied fassen möchte. Das hört sich zunächst nach einer herkömmlichen Actionserie an, aber für diese Region ist die Sendung bahnbrechend: sie ist hauptsächlich auf Arabisch mit hebräischen Untertiteln und zeigt den israelisch-palästinensischen Konflikt auf eine Art, sodasss die Menschen beider Seiten die Sendung gerne verfolgen.

Dabei konnte niemand den Erfolg der Serie vorausahnen – nicht einmal Avi Issacharoff, einer der Produzenten der Serie. “Alle Medien, jeder Taxifahrer, jede Familie verfolgte und diskutierte Freitags über Fauda, Fauda, Fauda,” sagt ein erstaunt aussehender Issacharoff. “Ich verstehe es nicht! Ich meine, die Leute wollten nichts über Palästinenenser hören, wollten nichts über den Konflikt hören, es war das für Israelis am wenigsten attraktive Thema der Welt.”

Issacharoff muss es wissen. 15 Jahre lang berichtete er als Journalist über den Konflikt und zahlreiche Militäroperationen, von denen manche in der Serie nachempfunden sind. Er spricht fließend Arabisch und hat gute Verbindungen nach Gaza und ins Westjordanland, wo die in der Realität spielende aber fiktive Geschichte von Fauda hauptsächlich stattfindet. Von Seiten der Linken erwartete er Kritik darüber, dass die Sendung zu rassistisch sei, von der Rechten Kritik über eine zu harmlose Darstellung der Palästinenser. Stattdessen bekam die Serie Lob wie keine andere, als eine der am meistgesehensten Fernsehserien Israels. Für ihn, so sagt er, sei mit der Serie ein Traum wahr geworden.

“Ich möchte den Palästinensern und Israelis die Geschichte dieser Menschen erzählen, übrigens besonders die der Israelis; und die Geschichte der Palästinenser den Israelis und Palästinensern,” erklärt Issacharoff. “Ich möchte dem israelischen Publikum zeigen, dass während sie ihren Spaß in Tel Aviv und anderen Städten haben, es auch Menschen gibt, die täglich ihren Preis dafür zahlen müssen.”

Über diesen Preis ist sich Mohammad Abumazen sehr bewusst. Der 26-jährige Palästinenser lebt in Ramallah, im Westjordanland. Für ihn sind der Konflikt, die Spannungen und die Gewalt allgegenwärtig.

Er hatte Fauda zuvor nicht gesehen, aber als ich ihm über die Serie erzählte wusste er genau, wovon sie handelte. Er wurde neugierig und wir entschieden uns, die Serie gemeinsam zu schauen.

Vor Aufregung herumzappelnd verfolgte Mohammad die Sendung, mal von der Kante des Sofas, mal zurückgelehnt und dann wieder nach vorn gebeugt, um das Geschehen nah am Laptop-Bildschrim zu sehen. Gespannt haben wir uns direkt vier Folgen auf einmal angeschaut.

Danach fragte ich ihn: “Was denkst du über diese israelisch-produzierte Serie?”

“Moment, das ist israelisch? Nicht palästinensisch?” Er war überrascht.

Er sagt, er habe so etwas noch nie im israelischen Fernsehen gesehen, “Weil sie der Welt immer gezeigt haben, dass wir die Terroristen sind, die die Gewehre, [und] die Waffen tragen,” erklärt er.

Fauda sagt Mohammad, bringt mehr Mitgefühl für die Palästinenser: Man sieht, wie unschuldige Menschen getötet werden, wie zum Beispiel ein junger Bräutigam, der im Laufe einer gescheiterten verdeckten Ermittlung gegen seinen Bruder -einen mutmaßlichen Terroristen- am Abend seiner Hochzeit erschossen wird. Solche Darstellungen sind heftig und herzzerreißend, wie auch die der plötzlich verwitweten, mit Entsetzen kreischenden Braut. Später wird sie in eine israelische Bar gehen, um sie in die Luft zu jagen. Diese Szenen, sagt er, seien sehr realitätsnah.

Noch interessanter ist für Mohammad aber die eigentlich übliche Darstellung der Israelis im Fernsehen als vorbehaltlose Helden – was bei Fauda aber nicht der Fall ist. “Zum Bespiel eine Ehefrau, die ihren Mann betrügt,” erinnert er sich – eine Darstellung, die Mohammed sehr überrascht hat, da es sich um die untreue Ehefrau eines Hauptdarstellers handelt. “[Da war auch] ein Soldat, der kämpft, nicht für Israel, sondern weil es seine Pflicht oder so etwas ist. Für sie ist es wie ein Job.”

“So etwas habe ich wirklich nicht erwartet. Wirklich, es hat meine Ansichten gegenüber Israelis und deren Denken geändert,” fügt er hinzu.

Das Unerwartete sehen – das ist es, was scheinbar auch die israelischen Zuschauer an Fauda anzieht. Man kann mit fast jedem mitfühlen. Avi, ein in Jaffa lebender israelischer Geschäftsmann, war seit der ersten Folge fasziniert. “Es ist das erste Mal, dass ich es nicht als eindimensional gesehen habe, dass nur die Isralis oder nur die Palästinenser Recht haben, sondern dass der Konflikt zwei Seiten hat und beide Seiten Menschen sind,” sagt er aufgeregt. “Für mich war es wichtig und schön zu sehen. Es ist ausgeglichen.”

Vanessa, eine Mitarbeiterin einer NGO, die Frieden durch Bildung fördert, wartete jeden Sonntag gespannt mit ihren Kindern auf die neuesten Entwicklungen. Für sie alle war die Serie augenöffnend. “Ich hatte nie die Intensität und die Gefahr der Sache verstanden…und wie ähnlich wir uns doch eigentlich alle sind,” sagt sie.

Issacharoff sagt, er sei nicht naiv: Er glaube nicht, dass eine Fernsehserie der Schlüssel zu Frieden oder Ähnlichem in dieser Region sein kann. Aber zumindest kann es vielleicht dazu beitragen, dass die sich seit jeher gegenseitig als Feinde bezeichnenden Israelis und Palästinensern nicht länger als so deutlich anders wahrgenommen werden.

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