Israel führt Luftangriffe auf Gaza

MEHR: Explosionen erschüttern den Gazastreifen, nachdem Anwohner berichtet hatten, “israelische Flugzeuge flögen in dem Gebiet tief”.

Drei Detonationen waren im Gazastreifen zu hören, als Israel mit mehreren Luftangriffen auf Raketenbeschuss durch die Omar Brigaden reagierten, einem salafistischen Hamaskontrahenten mit Verbindungen zum IS (der Terrororganisation, die sich selbst als “Islamischer Staat” bezeichnet). Die Raketen der Omar Brigaden schlugen in unbewohntem Gebiet in der Region Sdot Negev ein und verursachten keinen weiteren Schaden, so israelische Medien. Ein Sprecher der israelischen Luftwaffe gab bekannt, es seien daraufhin drei “Terror-Infrastrukturen” beschossen worden, ohne aber Details zu den Angriffen bekannt zu geben. Die Hamas bestätigte, dass einer seiner Truppenübungsplätze von einer Rakete getroffen worden sei.

Der russische Auslandsfernsehsender RT berichtete, die Hamas habe nur wenige Tage zuvor einen salafistischen Führer getötet und habe nun die salafistische Gruppe beschuldigt, einen uneingeschränkten Konflikt mit Israel zu provozieren. Israel hatte eingestanden, dass Hamas nicht hinter dem Raktenbeschuss steckte, erklärte aber nicht, warum es bei den Angriffen die Infrastruktur der Hamas zum Ziel gemacht hatte. Die Nachrichtenagentur Reuters schreibt: “Zeugen und Sanitäter sagen, die Angriffe vor der Morgendämmerung auf die beiden Lager der Hamas, die im Gazastreifen herrscht, und der kleineren palästinensischen Gruppe Islamischer Jihad haben einigen Schaden verursacht, aber keine Todesopfer gefordert.”

Ein Sprecher der israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) bestätigt in einer Mitteilung, dass die israelische Luftwaffe drei “Terror-Infrastrukturen” im Gazastreifen zum Ziel hatte.

Zum Glück wurde bei den Angriffen niemand verletzt. Wie gewohnt, berichten die Einwohner von Gaza von Angst und Sorgen als die Bomben ihre Stadt trafen. Es folgen Tweets von Shaima Ziara, Omar Ghraieb, Mohammed Omer und ‘Farah Gazan‘.

GEWALTIGE Explosionen gerade eben in Gaza! Ich kann F16er hören, also ist es wahrscheinlich Israel.

Mein Körper zittert immer noch. Die F16er sind wieder da!

Israelische Kampfflugzeuge bombardieren Al Maqousi hier in der Nähe, eine dicht bewohnte Wohnsiedlung im Westen von Gaza.

Mein Name ist Gaza. Ich werde bombardiert. Kann mich jemand hören?

Jetzt um 3 Uhr 19 morgens Ortszeit wird Gaza bombardiert!

F16er fliegen heftig über Gaza und haben es gerade eben beschossen! Ich konnte sogar hören, wie die Raketen fallen.

Einige von ihnen beenden ihr Live-Twittern mit einer Spur Optimismus:

Trotz Luftangriffe und Trauma, die Menschen lächeln weiter und sind bereit, einen neuen Tag zu beginnen! Guten Tag Welt! Mein Name ist Gaza.

Die Sonne steigt langsam auf, ein neuer Tag bricht an und die Vögel zwitschern, die grauenvolle Nacht zu vergessen, die vor einer kurzen Weile endete.

Da es die Nichteinhaltungen des Waffenstillstands durch die Palästinenser oft in die Nachrichten schaffen, über Missachtungen von israelischer Seite aber kaum berichtet wird, geschweige denn, dass sie es auf die Titelseiten schafften, sollten sie um einer ausgeglichenen Berichterstattung Willen genannt werden.

Der aus Gaza berichtende Reporter Dan Cohen schrieb in einem jüngsten Beitrag für den Blog Mondoweiss, dass “die Zeit seit dem letzten Krieg im Sommer für die Palästinenser im Gazastreifen ein einseitiger Waffenstillstand” gewesen sei. Es gab 67 Beschüsse, sechs militärische Invasionen, 16 verletzte Menschen und einen Todesfall, der durch israelische Nichteinhaltungen des Waffenstillstands allein zwischen Januar und März 2015 verursacht wurden. Die Nachrichtenmagazine The Middle East Monitor und Maan News dokumentierten größere Zwischenfälle und kategorisierten sie nach Monat und Art des Vorfalls. Auffallend ist, dass Fischer, Bauern und Demonstranten in Gaza zur Zielgruppe gehören.

Die Organisation Visualizing Palestine hält in einer Infografik fest, die auf der Seite Electronic Intifada veröffentlicht wurde, es habe zwischen dem 22. November 2012 (Zeitpunkt eines vorherigen, durch Ägypten vermittelten, Waffenstillstands) bis zum 7. Juli 2014 (Beginn des letzten Kriegs Israels in Gaza, wir berichteten dazu in einem deutschsprachigen Dossier) 191 israelische Missachtungen der Waffenruhe und 75 dieser Missachtungen durch Palästinenser gegeben. Von diesen 191 Brüchen der Waffenruhe durch die israelische Seite führten 10 Prozent zu Todesopfern und 42 Prozent zu Verletzungen oder Inhaftierungen. Dagegen kam es bei palästinensischen Missachtungen in 4 Prozent der Fälle zu Verletzungen und in keinem Fall zu einem Todesopfer. Diese Infografik ergänzt ein vorherige, die von Al Jazeera veröffentlcht wurde.

Israelische Nichteinhaltungen der Waffenruhe und Angriffe gehören zur Routine – selbst dann, wenn wie zwischen Januar und März, es gar keinen Raketenbeschuss gab.

Nach dem jüngsten Krieg in Gaza im Jahr 2014 hatten sich die israelischen und palästinensischen Konfliktpartner darauf geeinigt, dass ab dem 26. August eine Waffenruhe auf unbestimmte Zeitdauer gelten solle. Zuvor hatten beide Parteien eingewilligt, den Anforderungen eines Waffenstillstands nachzukommen. Wie wir in früheren Beiträgen bereits berichtet hatten, waren 72 Prozent der Palästinenser, die bei der Offensive ums Leben kamen, Zivilisten, so die Vereinten Nationen. Über ein Drittel der verwundeten Kinder werden ihr Leben lang bleibende Beeinträchtigungen haben. Ein Drittel der Gesamtbevölkerung von Gaza, das sind 520.000 Menschen, mussten ihre Wohnungen verlassen und 279.389 von ihnen suchten Zuflucht in einer der 83 Schulen, die durch die Vereinten Nationen betrieben wurden. Die Gesamtzahl aller Opfer auf beiden Seiten waren circa 2.137 Palästinenser, 72 Prozent von ihnen Zivilisten, mehr als 500 Kinder und 72 Menschen auf der israelischen Seite, 8 Prozent von ihnen Zivilisten.

Die Anforderungen an die Friedensvereinbarungen lauteten folgendermaßen:

“The immediate demands of the peace deal include: the end of hostilities on both sides; opening of the Rafah border between Egypt and Gaza; handing over administration of Gaza's borders from Hamas to the PA, reconstruction of Gaza in coordination with the PA and international donors, including the EU; narrowing the security barrier along the inside of the Gaza border from 300 to 100m, easing restrictions on fishing in Gaza from 3 miles (4.8km) to 6 miles (9.6km). The international allowance is 12 miles (19.3 km.)

The long-term demands to be negotiated are: the release of hundreds of Palestinian prisoners kidnapped by Israel in June after the killing of three Jewish teenagers in the West Bank; the release of long-serving Palestinian prisoners as demanded by the Palestinian Authority; Israel wants all body parts and personal effects of Israeli soldiers killed in Gaza; Hamas wants a sea port built in Gaza in order to allow goods and people to move freely; Hamas wants the un-freezing of funds to allow it to pay 40,000 police, government workers and other administrative staff who haven't had any salary since last year; Palestinians are asking for Gaza's airport, built in 1998 and destroyed in 2000 by Israel, to be rebuilt.”

Die unmittelbaren Anforderungen für eine Friedensvereinbarung beinhalten: Ende der Kriegshandlungen auf beiden Seiten; Öffnen der Grenze zwischen Ägypten und Gaza bei Rafah; die Übergabe der Verwaltung der Grenzen von Gaza von der Hamas an die Palästinensische Autonomiebehörde; der Wiederaufbau Gazas in Zusammenarbeit mit der Palästinensischen Autonomiebehörde und internationalen Gebern, einschließlich der EU; eine Verkleinerung der Sicherheitszone innerhalb der Grenzen von Gaza von 300 auf 100 Meter; eine Lockerung der Beschränkungen im Bereich des Fischfangs in Gaza von 3 Seemeilen (4,8 Kilometer) auf 6 Seemeilen (9,6 Kilometer). Nach internationalem Recht sind es eigentlich 12 Meilen (19,3 Kilometer).

Langfristige Forderungen, über die verhandelt werden muss, sind folgende: Die Freilassung hunderter palästinensischer Gefangener, die von Israel im Juni – nach der Ermordung dreier jüdischer Jugendlicher im Westjordanland – entführt worden waren; die Freilassung langjährig inhaftierter palästinensischer Gefangener, wie es von der Palästinensischen Autonomiebehörde gefordert wird; Israel verlangt die Übergabe aller Leichen und persönliche Gegenstände von israelischen Soldaten, die in Gaza getötet wurden; die Hamas verlangt einen Seehafen, der in Gaza gebaut wird, um einen freien Verkehr von Waren und Personen zu ermöglichen; die Hamas verlangt, dass die eingefrorenen Finanzmittel wieder freigegeben werden, so dass den 40.000 Polizisten, Regierungsbeschäftigten und Verwaltungsmitarbeitern ihr Lohn, der ihnen seit letztem Jahr nicht gezahlt wurde, ausgezahlt werden kann; die Palästinenser bitten außerdem darum, dass der Flughafen von Gaza, der 1998 erbaut und im Jahr 2000 durch Israel zerstört wurde, wieder aufgebaut wird.

Es ist schwierig, den “Erfolg” des Friedensabkommens einzuschätzen, nachdem ein Großteil der “unmittelbaren” Forderungen nie erfüllt wurde, ganz abgesehen von den langfristigen. Der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter stellte bei einem Besuch in dem Gebiet fest: “Die Situation in Gaza ist unzumutbar. Acht Monate nach dem verherrenden Krieg, wurde kein einziges zerstörtes Gebäude wieder aufgebaut und die Menschen können nicht in dem Respekt und der Würde, die ihnen zustehen, leben” und verweist damit darauf, dass es an jeglichem funktionsfähigen Wiederaufbau in Gaza fehlt. Die ägyptische Grenze zu Gaza war zudem nur für einige Tage im letzten Sommer geöffnet. Die Organisation International Coalition for Freedoms and Rights (ICFR) berichtete, dass zehn Menschen aus Gaza verstarben, während sie darauf warteten, dass die Grenze Ägyptens zu Gaza geöffnet wird.

Weitere Informationen gibt es auf dem Global Voices Checkdesk, einem gemeinsamen Projekt von Global Voices Online und Meedan, das der Verifikation von Nachrichten dient. Um unserem Checkdesk-Team beizutreten, können unsere Redakteurin für den Nahen Osten und Nordafrika Amira Al Hussaini, Faten Bushehri oder Joey Ayoub kontaktiert werden.

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