Netzbürger-Report: Wird die Ermordung von Bloggern in Bangladesch zur Routine?

Demonstrators in Dhaka, Bangladesh, renounce the killing of blogger Ananta Bijoy Das. Photo by Mohammad Asad, copyright Demotix.

Demonstranten in Dhaka, Bangladesh leugnen die Tötung des Bloggers Ananta Bijoy Das. Foto: Mohammad Asad. Copyright: Demotix.

Der Netzbürger-Report von Global Voices Advocacy ist eine internationale Momentaufnahme von Herausforderungen, Siegen und neuen Trends im weltweiten Internetrecht.

Vor wenigen Tagen ist der bangladeschische Wissenschaftsjournalist und Blogger Ananta Bijoy Das von einer Gruppe von drei oder vier maskierten Angreifern mit Macheten in Sylhet, der fünftgrößten Stadt Bangladeschs, ermordet worden (Global Voices-Bericht auf Deutsch). Al-Qaida auf dem indischen Subkontinent hat sich zu der Tat bekannt, wie aus den Kurznachrichten der extremistischen Gruppierung Ansar Bangla Team hervorgeht. “Eine weitere Akte ist geschlossen! Seien Sie auf das nächste Opfer gespannt”, war in der Mitteilung zu lesen.

In diesem Jahr war das bereits der dritte Mord an einem Autor (Global Voices-Bericht auf Deutsch), der sich für säkulares Denken eingesetzt hat. Am 30. März wurde ein weiterer Blogger, der extremistische Religionsgruppen kritisierte, nämlich Washiqur Rahman, in Dhaka niedergemetzelt. Am 26. Februar ist der bangladeschisch-amerikanische Blogger Avijit Roy von zwei Studenten einer Madrasa (Schule, in der islamische Wissenschaften unterrichtet werden) angegriffen und getötet worden. Sowohl Roys als auch Rahmans Fall sind Gegenstand von Gerichtsverfahren. Vermutlich waren all diese Morde von religiösen Extremisten in Auftrag gegeben worden.

Das mehrheitlich muslimische Bangladesch ist offiziell zwar säkularisiert, aber immer wieder haben religiöse Extremisten Menschen ins Visier genommen, die im vergangenen Jahrzehnt religiöse Ansichten oder Religionsparteien kritisierten. Die Namen aller drei Blogger erschienen in einer von islamischen Hardlinern 2013 der Regierung übermittelten Liste von 84 Bloggern, die für atheistisch oder blasphemisch gehalten werden. Viele Blogger fragen sich: Wer ist der nächste?

Iran blockiert Frauen (und Justin Bieber) auf Instagram

Iran entwickelt “intelligente Filtermöglichkeiten” für Instagrams Programmierschnittstellen (API), so dass die Behörden ausgewählte Inhalte der sozialen Medien filtern, ohne die komplette Plattform blockieren zu müssen, wie neueste Erkenntnisse von Mahsa Alimardani, Global Voices -Autorin für den Iran, und Frederic Jacobs, Softwareentwickler, zeigen. Der ganz überwiegende Teil der weggefilterten Inhalte stammt von den großen Modedesignern und deshalb sind mehr Frauen als Männer von dieser Aktion betroffen. Aber es gibt eine wichtige Ausnahme: Justin Bieber. Diese herausgefilterte Erkenntnis ist dem Fehlen einer HTTPS-Verbindung zwischen Instagrams Servern und seinen mobilen Anwendungen zu verdanken. Für den Fall, dass Instagram zu HTTPS wechselt, werden diese intelligenten Filter jedoch nicht mehr zu erkennen geben, wer auf welchen Seiten surft.

Zensur und “das wahre Singapur”

Rechtzeitig zum Welttag der Pressefreiheit hat Singapurs Regierung die Abschaltung der sozialpolitischen Webseite “Wahres Singapur” angeordnet, weil dort “anstößige” Inhalte veröffentlicht worden seien. Nach Mitteilung von Singapurs Behörde für Medienentwicklung ist diese Anordnung auf die Veröffentlichung mehrerer Artikel zurückzuführen, die den Zweck hatten, zu Fremdenfeindlichkeit anzustacheln. Obwohl die Seite in weiten Kreisen für ihre Ausländerfeindlichkeit kritisiert worden ist, haben einige Singapurer die Frage aufgeworfen, ob diese Form der Regulierung der richtige Weg sei, fremdenfeindlichen Tendenzen zu begegnen; sie bezeichneten die Aktion als exzessiv.

Facebooknutzer wegen rassistischer Kommentare von den Philippinen abgeschoben

Prasertsri Kosin, ein thailändischer Staatsbürger, in den sozialen Medien auch als Koko Narak bekannt, ist von den Philippinen abgeschoben worden, nachdem er angeblich rassistische Kommentare auf Facebook veröffentlicht hatte. Laut einem Beamten der philippinischen Einwanderungsbehörde “kann die Behörde den beleidigenden und verletzenden Sprachgebrauch weder tolerieren noch erlauben, obwohl die Philippinen die Meinungsfreiheit respektieren. Schon gar nicht, wenn er von Ausländern kommt und sich gegen die eigene Bevölkerung richtet”. Eine Gruppe philippinischer Arbeitskräfte in Thailand hat auf diese Abschiebung kritisch reagiert, indem sie geltend macht, dass dadurch das philippinische Bekenntnis zur Meinungsfreiheit ausgehöhlt werde: “So ungehörig, hasserfüllt und regelrecht unverantwortlich die [Kommentare] auch sind, sie waren nicht kriminell.”

China und Russland besiegeln Cybersicherheit

Anlässlich einer Reise nach Russland zur Feier des Kriegsendes hat Chinas Präsident Xi Jinping eine Reihe von Verträgen über die Zusammenarbeit in den Bereichen Finanzen, Energie und Cybersicherheit unterzeichnet. Russland und China sind übereingekommen, sich im Cyberspace miteinander zu verbünden und haben zugesichert, sich nicht gegenseitig zu hacken und politisch destabilisierende Threats gemeinsam im Internet zu bekämpfen. Die beiden Länder waren lange Zeit Meister der “Souveränität” im Cyberspace. Folgerichtig postete China in dieser Woche den Entwurf für ein nationales Sicherheitsgesetz, wodurch das eigentliche Konzept der Cybersicherheit in der Gesetzgebung festgeschrieben werden soll.

Versuchen die Verbündeten der USA, die NSA bei der Massenüberwachung zu übertrumpfen?

Durch einen Angriff auf Kanadas Parlament im vergangenen Jahr angespornt, erwägt das kanadische Unterhaus einen Gesetzentwurf, wonach die Förderung des Terrorismus sowohl offline als auch online illegal ist. Das Gesetz würde die Macht der Geheimdienste des Landes stärken und ihnen die Fähigkeit geben, in Übersee operativ tätig zu werden und präventive Verhaftungen vorzunehmen. Der Entwurf geht jetzt an Kanadas Oberhaus, wo das Gesetz wohl im Juni verabschiedet werden wird.

Unterdessen hat in Frankreich die Nationalversammlung mit überwältigender Mehrheit ein neues Gesetz beschlossen, dass es den Geheimdiensten erlaubt, Abhöranlagen in privaten Wohnungen, Autos und in privaten Räumen zu installieren. Außerdem werden Lauschangriffe auf Computer, Mobiltelefone und auf andere digitale Geräte gestattet. Das Gesetz räumt der Regierung Überwachungsbefugnisse ein, die einerseits auf Kommunikationsverbindungen zwischen Bürgern in Frankreich und andererseits auf die Kommunikation von Bürgern außerhalb des Landes anwendbar sind; bei minimaler gerichtlicher Aufsicht. Das Gesetz wird wohl die kommende Abstimmung im Senat passieren, obwohl mehr als 800 Internetunternehmen und Menschenrechtsgruppierungen eine Kampagne ins Leben gerufen haben, die dem Gesetzgeber vorhält, dadurch einen französischen “Big Brother” zu schaffen.

Ein für alle Mal: Ein Zugewinn an Privatsphäre 

Ein Berufungsgericht der Vereinigten Staaten entschied, dass die Nationale Sicherheitsbehörde (NSA) mit ihrem Programm zur Sammlung von Telefon-Metadaten “den Rahmen überschreitet, den der Kongress unter dem PATRIOT Act genehmigt hatte”. Zunächst ist das nur ein begrenzter Sieg: Das Gericht ist nämlich der Frage nach der Verfassungsmäßigkeit des Überwachung ausgewichen. Außerdem ist es unwahrscheinlich, dass dieser Fall den Obersten Gerichtshof erreicht, bevor der Kongress darüber entscheidet, ob der PATRIOT Act ausgeweitet werden darf oder nicht. Trotzdem ist diese Entscheidung wichtig, weil sie den Druck auf die führenden Kongressabgeordneten erhöht, die am 1. Juni auslaufenden gesetzlichen Vorschriften zu novellieren.

Keinen Cloud-Service mehr für Tor (zumindest fürs Erste)

Wegen des hohen Wartungsaufwands zur Sicherung der Software-Funktionalität hat das Tor-Projekt seinen Cloudservice am 8. Mai eingestellt. Die Tor-Cloud eröffnet ihren Nutzern einen anwenderfreundlichen Weg, um Brücken zu schlagen, die den Menschen dabei helfen, einen Zugang zum unzensierten Internet zu bekommen. Allerdings enthält die Cloud erhebliche Programmfehler (Bugs) und diesem Nonprofit-Projekt mangelt es an den nötigen Ressourcen, um sie zu beheben. Die Entwickler weisen jedoch darauf hin, dass genügend andere Wege verbleiben, den Menschen Zugang zum unzensierten Internet zu verschaffen.

Netzbürger-Aktivismus: “Persönliche Freiheit ist ihr gutes Recht”

In der vergangenen Woche hat eine Koalition aus Menschenrechtsorganisationen eine Kampagne gestartet, um verstärkt auf politische Gefangene in der arabischen Welt aufmerksam zu machen und das Internet als einen Raum für offene Diskussionen zu propagieren. Die Kampagne “Persönliche Freiheit ist ihr gutes Recht” ist eine Gemeinschaftsaktion von Ägyptens Arabischem Netzwerk für Menschenrechts-Informationen (ANHRI), der Maharat-Stifung im Libanon und dem Internationalen Austausch-Netzwerk für Meinungsfreiheit (IFEX). Die Kampagne möchte Druck auf die Regierungen ausüben und dafür werben, dass öffentliche Kritik gefahrlos geäußert werden kann und als solche akzeptiert wird.

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