Nigeria stehen Wahlen bevor. Das bedeutet Schlammschlacht.

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Der Screenshot eines YouTube-Videos aus dem Jahr 2009, in dem Chukwuma Soludo zu Mitgliedern spricht.

Der Screenshot eines YouTube-Videos aus dem Jahr 2009, in dem Chukwuma Soludo zu Mitgliedern spricht.

Professor Charles Chukwuma Soludo, ehemaliger Präsident der Nigerianischen Zentralbank, verärgerte jüngst, im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen am 14. Februar, die beiden großen politischen Parteien Nigerias.

Soludo tat dies in seinem Artikel “Buhari vs. Jonathan: jenseits der Wahlen”, der Ende Januar erschien und das Fehlen einer “sachlichen Debatte” zwischen den beiden Bewerbern um die nigerianische Präsidentschaft anprangert. Der derzeitige Präsident Dr. Goodluck Jonathan tritt dabei gegen den ehemaligen Militärdiktator Muhammadu Buhari an. 

Soludo bedauert, dass weder die Oppositionspartei All Progressive Congress (APC), noch die regierende Partei Peoples Democratic Party (PDP) in ihren Kampagnen konkrete Probleme angesprochen haben: 

Let me suggest that the fundamental challenge for the next government on the economy can be framed around the goal of creating twelve million jobs over the next four years to have a dent on unemployment and poverty. The challenge is to craft a development agenda to deliver this within the context of broken public finance, and an economy in which painful structural adjustments will be inevitable if current trends in oil prices continue. Most other programmes on corruption, security, power, infrastructure, etc, are expected to be instruments to achieve this objective. So far, neither the APC nor the PDP has a credible programme for employment and poverty reduction.

Ich denke, dass die grundlegende wirtschaftspolitische Herausforderung der nächsten Regierung mit dem Ziel beschrieben werden kann, innerhalb der nächsten vier Jahre zwölf Millionen Arbeitsplätze zu schaffen, um Arbeitslosigkeit und Armut zu bekämpfen. Die Herausforderung liegt darin, einen Entwicklungsplan zu erstellen, der dies verwirklichen kann, trotz maroder öffentlicher Finanzen und einer Wirtschaftslage, bei der schmerzhafte Strukturreformen unausweichlich sind, sollte der Ölpreis weiter fallen. Die meisten anderen Programme zu den Themen Korruption, Sicherheit, Energie, Infrastruktur etc. sollten dem Erreichen dieses Ziels dienen. Bisher haben weder der APC noch die PDP ein glaubhaftes Programm für die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Bekämpfung von Armut vorgelegt. 

Natürlich zog dieser Post scharfe Kritik von beiden Parteien nach sich. Die APC formulierte sie in einem Post von Dr. Kayode Fayemi , der dort festhält, dass “die APC nicht das Paradies verspricht. Weder unser Kandidat noch unser Parteiprogramm haben ein solches Versprechen gegeben.” Er unterstreicht jedoch, dass die APC um die “Schaffung von Arbeitsplätzen” bemüht ist.  Die regierende PDP beschuldigt Soludo  durch Chief Femi Fani-Kayode,  “verwirrt” zu sein und “den Bezug zur Wirklichkeit verloren” zu haben.

Da Soludos Artikel einige wirtschaftspolitische Fragen aufgeworfen hatte, antwortete das nigerianische Finanzministerium durch  ein Statement von Paul C Nwabuikwu, Sprecher von Dr. Ngozi Okonjo-Iweala, Koordinierungsministerin für Wirtschaft und Finanzen. Nwabuikwu hält fest, dass Soludo “sowohl bei seinem Versuch, Gouverneur des Bundesstaates Anambra zu werden, als auch mit seiner Kandidatur für das Amt des Vizepräsidenten bei verschiedenen Parteien gescheitert ist.” Nun versuche er “verzweifelt, in Nigeria an eine Position von Macht und Bedeutung zu kommen.” Dies zeige, dass es Soludo sowohl an “Charakter als auch an Klugheit” fehle, um die Staatsfinanzen infrage stellen zu können:  

So let it be noted for the record books that Soludo’s single-handed mismanagement of the banking sector led to an incredible accumulation of liabilities that will cost tax payers about N5.67 trillion (being the total face value of AMCON-issued bonds) to clean up. Let it be noted also that this amount, which is more than the entire Federal Government 2015 Budget, constitutes the bulk of Nigeria’s “contingent liabilities” mentioned in Soludo’s article. It is only in Nigeria where someone who perpetrated such a colossal economic atrocity would have the temerity to make assertions on public debt and the management of the economy.

Es sollte festgehalten werden, dass Soludo durch sein eigenes Missmanagement im Bankensektor einen unglaublichen Schuldenberg angehäuft hat, dessen Beseitigung die Steuerzahler rund 5,67 Billionen Naira (der Nennwert aller AMCON-Bonds zusammen) kosten wird. Es sollte außerdem festgehalten werden, dass diese Summe, die größer ist als das Staatsbudget für 2015, den Großteil von Nigerias “Eventualverbindlichkeiten” ausmacht, die Soludo in seinem Artikel erwähnt. Es passiert nur in Nigeria, dass jemand, der ein so großes wirtschaftliches Verbrechen begangen hat, danach die Frechheit besitzt, Behauptungen über die öffentliche Verschuldung aufzustellen und wirtschaftspolitische Empfehlungen zu geben.

Dieses Statement erregte den Zorn des Ex-Apex-Bankers, der davon sprach, dass er “tiefen Respekt” vor Dr. Okonjo-Iweala habe, der sich dadurch ausdrücke, dass er “sie niemals mit ihrem Namen, sondern nur mit ‘Madam’ anspreche”. Allerdings beschimpfte er Iweala auch, die “wie ein kleines Kind geweint und OBJ (ehemaliger nigerianischer Präsident Olusegun Obasanjo) nur wenige Wochen nach dem Schuldenerlass angefleht hat, weiter Finanzministerin sein zu dürfen.” Das Ping-Pong-Spiel geht weiter mit Soludos Anschuldigungen gegenüber Iweala

Next, Madam, I was really embarrassed for you to read that one of the reasons for declining forex reserves is ‘oil theft’. Under you as Minister of Finance and coordinator of the economy, the basket of our national treasury is leaking profusely from all sides.[…] 

Now add the ‘missing’ $20 billion from the [Nigerian National Petroleum Corporation] NNPC. You promised a forensic audit report ‘soon’, and more than a year later the Report itself is still ‘missing’. This is over N4 trillion, and we don’t know how much more has ‘missed’ since Sanusi cried out. How many trillions of naira were paid for oil subsidy (unappropriated?) […]

I do not want to talk about other ‘black pots’ that impinge on national security. My estimate, Madam, is that probably more than N30 trillion has either been stolen or lost or unaccounted for or simply mismanaged under your watchful eyes in the past four years. Since you claim to be in charge, Nigerians are right to ask you to account.

Außerdem, Madam, habe ich mich für Sie geschämt zu lesen, dass “Öldiebstahl” einer der Gründe sein soll, warum die Devisenreserven zurückgehen. Unter Ihnen als Finanzministerin und Wirtschaftskoordinatorin zerrinnt uns das Staatsvermögen zwischen den Fingern […] 

Und hinzu kommen auch noch die “fehlenden” 20 Milliarden US-Dollar der NNPC (Nigerian National Petroleum Corporation – Mineralölunternehmen der nigerianischen Regierung). Sie haben “bald” einen forensischen Prüfbericht versprochen, über ein Jahr später “fehlt” der Bericht aber ebenfalls. Es handelt sich um über 4 Billionen Naira und wir wissen nicht, wie viel mehr Geld “verlorengegangen” ist, seit Sanusi das Leck öffentlich gemacht hat. Wie viele Billionen Naira wurden (unangemessenerweise?) für Ölsubventionen ausgegeben? […]

Ich will über keine weiteren “langohrigen Esel” mehr sprechen, die die nationale Sicherheit gefährden. Meine Einschätzung ist, Madam, dass mehr als 30 Billionen Naira innerhalb der letzten vier Jahre unter Ihren wachsamen Augen entweder gestohlen wurden, verlorengegangen sind, anderweitig ungeklärt fehlen, oder dass mit ihnen schlicht schlecht gewirtschaftet worden ist. Da Sie das Finanzministerium für sich beanspruchen, haben die Nigerianer ein Recht dazu, Sie zur Rechenschaft zu ziehen.

Der ad-hominen -Schlagabtausch zwischen der Finanzministerin und dem früheren Präsidenten der Nigerianischen Zentralbank löste eine heftige nationale Debatte aus. Einige nigerianische Politiker und Kommentatoren tadelten die Finanzministerin, während andere nach einem Kompromiss suchten und wieder andere die Echtheit von Soludos Zahlen anzweifelten. Jedenfalls besagt eine Nachrichtenmeldung, dass die Regierung vor kurzem den “forensischen Prüfbericht der Nigerian National Petroleum Corporation (NNPC) erhalten hat, der von PricewaterhouseCoopers durchgeführt worden ist.” Dies widerspricht der Behauptung Soludos, dass der Bericht “fehle”.    

Ein Esel schimpft den anderen Langohr

Herzlich willkommen im Sumpf der nigerianischen Politik. Die oben genannten langen, verschlungenen Artikel, die Erwiderungen, die Behauptungen und Gegenbehauptungen zeigen, dass Regierungsangelegenheiten ziemlich komplex und undurchsichtig sein können. Das aufgeheizte politische Klima im Vorfeld der Parlamentswahlen, die für das Ende dieses Monats angesetzt sind, macht die Sache noch komplizierter. Und dass es in Nigeria auch gesetzlich die Informationsfreiheit gibt, bedeutet nicht zwangsläufig, dass Informationen auch wirklich frei zugänglich sind. Deswegen ist es schwierig, den tatsächlichen Wahrheitsgehalt hinter einem solchen Wortwechsel zu ermitteln – gerade im Wahlkampf. Alle Akteure in diesem Drama beziehungsweise ihre Statements werden durch eine extrem parteiische Brille hindurch betrachtet.  

Dieser Schlagabtausch zwischen zwei Weltklasse-Ökonomen hat die nigerianischen Internetuser in zwei Lager gespalten. Die eine Hälfte unterstützt Soludo: 

Was, Okonjo soll 30 Billionen Naira gestohlen haben? Egbe e! :D :D :D

Chiemela ist der Meinung, dass Soludo Okonjo-Iweala ziemlich auseinandergenommen hat: 

Prof. Charles Chukwuma Soludo hat's drauf!!! Er wird sie fertigmachen…

B pocht darauf, dass die Finanzministerin auf den wichtigsten Vorwurf im Artikel des ehemaligen Zentralbankers noch nicht eingegangen ist: 

Prof. Soludo fragt in seinem ersten Artikel nach dem Plan für die Wirtschaft, jetzt, wo der Ölpreis eingebrochen ist. NOI hat darauf immer noch nicht geantwortet.

Dieser Twitter-User macht sich über Dr. Okonjo-Iweala lustig:  

Ah, ah? Warum wirft Soludo Ngozi Okonjo vor, Atilogwu getanzt zu haben, um ihren Job zu behalten? Hätte sie seiner Meinung nach lieber Shoki tanzen sollen?

Atilogwu ist ein traditioneller, kraftvoller Tanz mit Akrobatik-Einlagen der Igbo-Jugendlichen, Shoki ist eine aktuelle Hip-Hop-Schrittfolge.

Diese User sind mit Soludos Artikel nicht einverstanden (GEJ ist die Abkürzung für den Namen des nigerianischen Präsidenten):

GEJ muss nicht unbedingt die Wahl gewinnen, aber Soludos derzeitige Stammtischparolen beleidigen unser Erinnerungsvermögen. Er hat bei der Nigerianischen Zentralbank Mist gebaut. Punkt.

Ilyas behauptet, Soludo habe persönlich etwas gegen Okonjo-Iweala:

Soludo soll bitte nicht den El-ruf'i-Kurs fahren. Wenn er das aus Hass auf jemanden oder aus Angst vor jemandem tut, steht er damit einfach nicht gut da.

Lawal ist der Meinung, dass hier ein Esel den anderen Langohr schimpft: 

Es ist einfach ein Fall von “ein Esel schimpft den anderen Langohr”. Vielleicht denkt Soludo, dass sich die Nigerianer nicht mehr daran erinnern, was er als Präsident der Nigerianischen Zentralbank so getan hat.

Und Abednego nimmt die Sache einfach mit Humor: 

Den Artikel von Soludo bei dieser Hitze zu lesen war ein großer Fehler.

Dr. Okonjo-Iweala sagt, dass sie nicht länger mit Professor Soludo zusammenarbeiten möchte, weil man “nicht mehr mit jemandem zusammenarbeitet, wenn es einfach keinen Sinn hat”.

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