Die Kampagne “Schaufenster der Schande” zwingt Venezolaner, sich mit Teenagerschwangerschaften auseinanderzusetzen

Captura del video de la campaña de Vitrina Verguenza.

“In Venezuela werden jede Minute drei Mädchen unter 18 schwanger. Ihre Tochter könnte eins davon sein. Screenshot aus dem Video zur Kampagne.

In Schaufenstern sieht man normalerweise Schaufensterpuppen, die die neuesten Modetrends tragen. Mit unangenehmen Wahrheiten wird man dort eher nicht konfrontiert. Eine venezolanische Stiftung hat nun genau das getan, um auf den hohen Anteil an Teenagerschwangerschaften im Land aufmerksam zu machen.

Das Video der Organisation Freunde der Kinder, die Schutz benötigen (spanischer Name: Fundana) beginnt mit dem Satz: “In Schaufenstern werden unsere Sehnsüchte und Wünsche ausgestellt. Wenn dort aber versteckte Realitäten enthüllt werden, löst das Erstaunen, Angst und Scham aus.” Die Kamera zeigt nun Besucher eines Einkaufzentrums, die stehen bleiben und auf ein Schaufenster starren. Etwas, das der Zuschauer noch nicht sehen kann, schockiert sie. Dann zeigt das Video, was die Menschen so fesselt: Schaufensterpuppen in Schuluniform mit Babybäuchen.

Jede Minute werden in Venezuela nach Angaben der Organisation drei Mädchen unter 18 schwanger. Die Weltbank stellte 2013 in einem Bericht fest, dass Lateinamerika und die Karibikstaaten nach Subsahara-Afrika und Südasien zu den Regionen mit der dritthöchsten Geburtenrate unter Teenagern zählen. Venezuela liegt zusammen mit sieben anderen Ländern aus der Region auf den ersten 40 Plätzen der Liste. Im selben Bericht werden auch die fünf Länder der Region genannt, denen es im selben Zeitraum am erfolgreichsten gelungen ist, den Anteil der Teenagerschwangerschaften zu senken. Dazu gehören Kolumbien (minus 25 Prozent), Haiti (minus 23 Prozent), Costa Rica, El Salvador und Peru (minus 21 Prozent).

Die Kampagne der Organisation Fundana richtet sich an Eltern, deren Kinder im Teenageralter sind, aber auch an Teenager selbst und soll ihnen zeigen, welche Risiken eine Schwangerschaft in so jungen Jahren birgt wie zum Beispiel den Abbruch der Schulausbildung.

In dem spanischsprachigen Blog Vida como mamá (Das Leben als Mutter) wurde das Video gepostet und die Frage aufgeworfen:

Qué estamos haciendo nosotras como madres, como familias, para prevenir un embarazo no deseado o una enfermedad de transición sexual. Están nuestras niñas y adolescentes recibiendo la información oportuna y a tiempo de mano de nosotros.

Was tun wir als Mütter und Familien eigentlich dafür, ungewollte Schwangerschaften oder sexuell übertragbare Krankheiten zu verhindern? Klären wir unsere Söhne und Töchter früh genug darüber auf?

Auf der spanischsprachigen Internetseite Panfleto negro (Schwarzes Flugblatt) wurde überlegt, wie Menschen mit einem so einem heiklen Thema wie Teenagerschwangerschaften umgehen, da das Video den Zuschauer am Ende auffordert, etwas zu tun, was sie vielleicht gar nicht tun möchten. Dabei ist es wichtig, dass Eltern und Erwachsene sich dem Thema stellen:

Tampoco es justo pedirle al video que resuelva el problema; bastante ha hecho llevando nuestra atención hacia ese tema tan incómodo. Así que valga este comentario como una de las conversaciones necesarias para continuar la labor iniciada por la campaña.

Wir können nicht von dem Video verlangen, das Problem zu lösen. Es hat schon genug getan, weil es uns gezwungen hat, uns mit diesem sehr unangenehmen Thema auseinanderzusetzen. In diesem Sinne möge dieser Kommentar dazu dienen, die Diskussion die diese Kampagne angestoßen hat, in Gange zu halten.

Auf Twitter wurden unter dem Hashtag #VitrinaVerguenza (Schaufenster der Schande) viele unterschiedliche Kommentare gepostet:

Um die Probleme eines Landes zu verstehen, müssen wir zuerst die Ursachen verstehen.

Mit dieser Kampagne wollen wir den Austausch von Informationen fördern und eine Diskussion anstoßen, weil Venezuela das Land mit dem höchsten Anteil an Teenagerschwangerschaften in der Region ist.

Einige Tweets richteten sich direkt an Eltern:

Wollt Ihr, dass Eure Kinder die Schule abbrechen und für die Zukunft schlechte Chancen haben nur weil sie einmal unvorsichtig waren? Sprecht mit ihnen und erklärt ihnen alles über Teenagerschwangerschaften.

Andere Nutzer verglichen die Zahlen in Venezuela mit denen in anderen Ländern:

Länder wie Kolumbien, Haiti und Peru haben es geschafft, den Anteil an Teenagerschwangerschaften um mehr als 20 Prozent zu senken. Und Venezuela?

Nicht alle waren jedoch mit der Kampagne einverstanden:

“Das Schaufenster der Schande” ist eine Kampagne gegen die Würde. Schaut sie Euch an.

Das Schaufenster der Schande? Eine junge Mutter zu sein, ist nichts wofür man sich schämen müsste, meine lieben Landsleute.

Die Internetseite Panfleto Negro schließt seinen Eintrag mit folgenden Worten:

Hay, por supuesto, otros temas asociados, como la falta de políticas públicas, o cómo los esfuerzos de prevención del embarazo precoz (y de cualquier cosa en Venezuela) se hacen con las uñas y sin apoyo articulado del gobierno. Como se ve, una gran caja de Pandora que este video, enhorabuena, se ha atrevido a abrir para nosotros.

Bei diesem Thema spielen viele Faktoren mit hinein, wie das Fehlen staatlicher Maßnahmen oder die Tatsache, dass Präventionsmaßnahmen gegen Teenagerschwangerschaften (wie fast alles in Venezuela) mit einem Minibudget und ohne jegliche Unterstützung der Regierung auskommen müssen. Gratulation – dieses Video hat es gewagt, die Büchse der Pandora für uns zu öffnen.

Dies ist eine modifizierte Version eines Posts, der im Original auf Global Voices in Spanisch veröffentlicht wurde.

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