Kuwait, das Paradebeispiel für Demokratie unter den Golfstaaten, entzieht Oppositionellen die Staatsbürgerschaft

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Die kuwaitische Regierung hat zwei Mitgliedern der Opposition sowie ihren Familien am 21. Juli 2014 die Staatsbürgerschaft entzogen. Diese Entwicklung hat in der gesamten Region die Alarmglocken läuten lassen. Kuwait wird oft als der am ehesten demokratische Staat in der Golfregion bezeichnet.

Das Vorgehen folgt auf die Drohung, die die Regierung letzte Woche ausgesprochen hatte, dass es alle notwendigen Schritte unternehmen werde gegen diejenigen, die unter dem Verdacht stehen, das Land im Zuge der Proteste vom letzten Monat zu “destabilisieren”. Mit den Protesten wurden die Freilassung des kuwaitischen Oppositionellen und ehemaligen Mitglieds der Nationalversammlung, Musallam Albarrak, gefordert. Er ist mittlerweile auf Kaution aus der Haft entlassen worden.

Diese Geschichte geht auf ein Ereignis zurück, das vor wenigen Monaten stattfand, als Albarrak vor einer Versammlung eine stundenlange Rede hielt, in der er den Vorwurf erhob, die Wahlen seien manipuliert worden, es habe Versuche eines Umsturzes und Korruption innerhalb der Regierung gegeben, wobei Milliarden von Dollar an öffentlichen Geldern verschwendet worden seien. Dokumente, die seine Behauptungen stützen, wurden auf dem Blog “Kuwaitgate” hochgeladen. Unter den Papieren befinden sich detaillierte Aufzeichnungen von Geldtransfers zu einigen Richtern, die den Prozess gegen Albarrak wegen Justizbeleidigung angestrengt hatten.

Am 2. Juli 2014 schrieb @BarlamanNews, ein Twitteraccount, der Nachrichten über Kuwait veröffentlicht, seinen 17.300 Followern folgende Eilmeldung:

Die Staatsanwaltschaft ordnet die Inhaftierung von Musallam Albarak an in der Strafsache, die gegen ihn der höchste Richterrat vorgebracht hatte.

Seitdem erlebt Kuwait eine Reihe von Protesten und Auseinandersetzungen, denen Nutzer über soziale Medien, insbesondere Twitter, folgen und diese dokumentieren.

Das Projekt Demokratie Naher Osten (POMED) veröffentlichte eine Stellungnahme und twitterte:

Mehr als 2.000 Menschen protestieren gegen die Inhaftierung des Oppositionsführers in Kuwait.

Albarrak wurde nach den Protesten auf Kaution freigelassen, aber viele andere wurden aufgrund der Proteste inhaftiert.

Musalam Albarak wird auf dem Karama-Platz auf den Schulter seiner Anhänger getragen, nachdem er diesen Nachmittag gegen Kaution aus der Haft entlassen wurde.

Die Regierung hatte letzte Woche klargemacht, dass es mit “eiserner Faust” vorgehen werde, um das “Ansehen” des Staats zu schützen und beauftragte das Innenministerium damit, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um diese königlichen Befehle auszuführen. (Details finden sich dazu in diesem Zeitungsbericht von AlRai auf Arabisch.)

In der Entscheidung, die Staatsangehörigkeit zu entziehen, werden der Oppositionsführer und ehemaliges Parlamentsmitglied Abdullah al-Barghash und drei seiner Familienangehörigen genannt.

Die Regierung entzog außerdem Ahmad al-Shemmeri die Staatsangehörigkeit, dem Besitzer des unabhängigen Fernsehsenders Al-Youm und der Zeitung Alam Al-Yawm. Es wurde bereits zweimal in diesem Jahr angewiesen, den Betrieb der Zeitung zeitweise einzustellen. Diese Anweisung ging von einem Gericht aus mit der Begründung des Verstoßes gegen eine von der Staatsanwaltschaft angeordnete Mediensperre im Fall der Untersuchung von Vorwürfen des versuchten Umsturzes, über den Albarak in einer seiner Reden gesprochen hatte. Mit seiner Ausbürgerung ist zu erwarten, dass angeordnet wird, der Sender und die Zeitung haben ihren Betrieb einzustellen.

In der ganzen Golfregion ließ dieses Vorgehen Bedenken aufkommen. Der bahrainische Journalist Faisal Hayyat twitterte:

Warum entzieht man die Staatsangehörigkeit? Und wo ist das Gesetz, wenn ein Regimekritiker haftbar gemacht werden soll? Die Ausbürgerung zeugt von Schwäche, ist Erpressung und Terror.

Der ehemalige Journalist und jetzt Akademiker Dr. Omar Ualymany schreibt aus Saudi-Arabien:

Der Fall der Ausbürgerung stößt auf Widerstand in Kuwait… Es bedroht das Wesen der kuwaitischen Gesellschaft.

Der Twitternutzer Abo3asam, der mehr als 113.000 Follower hat, bemerkt:

Sie erwarten eine Reaktion, denn wenn sie Dich heute damit ängstigen, indem sie zur Waffe der Ausbürgerung greifen, werden sie Dir morgen Menschenrechte nehmen, die noch schwerer wiegen als die Bürgerrechte.

Kuwait ist ein ölreiches Land mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen der Welt. Es wird als einer der politisch am weitesten entwickelten Staaten in der Golfregion betrachtet. Daher sind derartige Entwicklung bedeutsam und wichtige Alarmglocken, die läuten. Denn, so schreibt Blogger Ahmed Alomran über Twitter seinen 85.500 Followern:

Kuwait zeigt eine neue Realität auf: Arabische Bürger fordern [ihre] Rechte, einfach, weil sie ihnen zustehen.

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