“Ein Wunder”: Afghanistans nächster Präsident ist… Ashraf Ghani?

Ashraf Ghani trailed Abdullah Abdullah in the first round but found his second wind in the form of a few million votes to claim victory.

Ashraf Ghani lag in der ersten Runde weit hinter Abdullah Abdullah zurück, bekam aber dann Aufschwung in Form von einigen Millionen Stimmen, mit denen er als Sieger hervorgehen würde. Bild vom Flickr der US-amerikanischen Botschaft in Kabul entnommen.

Wenn den vorläufigen Stimmauszählungen Glauben geschenkt werden kann – und das “wenn” wiegt schwer angesichts der hitzigen Kommentare seiner Widersacher, die auf Wahlfälschung hinweisen – besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Ashraf Ghani Ahmadzai der nächste gewählte Präsident Afghanistans wird. Das internationale Wahlkomitee Afghanistans (IEC) gab Anfang Juli bekannt [en], dass acht Millionen Stimmen in der spannungsgeladenen Stichwahl am 16. Juni zwischen dem ehemaligen Finanzminister Ghani und dem ehemaligen Außenminister Abdullah Abdullah abgegeben wurden.

Umstrittener Sieg

Zurzeit führt der Paschtune Dr. Ghani mit 56 Prozent der Stimmen. Diesen Stimmanteil kann Abdullah Abdullah, paschtunischer und tadschikischer Herkunft und unter den nicht-paschtunischen Volksgruppen in Afghanistan beliebt, kaum noch kippen kann, obwohl er in der ersten Wahlrunde mit 14 Prozentpunkten vor Ghani lag. Jamal Mousavi, Journalist für das persischsprachige Programm der BBC, twitterte [fa]:

Den vorläufigen Wahlergebnissen nach führt Ashraf Ghani Ahmadzai mit 56 Prozent der Stimmen bei den Wahlen um das Präsidentschaftsamt Afghanistans. Die Ergebnisse sind noch nicht endgültig.

Die Unterstützer von Ghani richten aber bereits ihre Glückwünsche aus. Lutfullah Stanikzais Twitternachricht lautet:

Glückwunsch an Dr. Ashraf Ghani und seinem Team für den Sieg bei den Präsidentschaftswahlen Afghanistans 2014.

Wie abzusehen war, macht der Sprecher von Abdullah Abdullah bekannt, dass sie die Ergebnisse nicht anerkennen werden. TOLO News twitterte: 

Der Sprecher von Abdullah Abdullah sagt live auf TOLO News, dass sie die Ergebnisse nicht anerkennen werden, die an diesem Abend vom IEC veröffentlicht wurden.

Dr. Abdullahs Anhänger verurteilen das, was sein Wahlkampagnenteam als “Wahlbetrug in industriellem Ausmaß” bezeichnet hat. Ein Unterstützer von Abdullah schreibt wütend [fa]: 

Die verkündeten Ergebnisse der Wahlen, die durch Betrug zustande kamen, sind nicht akzeptabel. Dieser Präsident, der durch Betrug ins Amt gekommen ist, ist nicht mein Präsident.

Ein anderer Unterstützer von Abdullah, Aziz Taheer, stellt die Rechtmäßigkeit der Stimmauszählung in Frage:

Der Zuwachs an Stimmen für Dr. Ghani von 150 Prozent entgegen aller Erwartungen in nur zwei Monaten ist ein Wunder.

Der Kabuler Bürger Haider Sediqi antwortet auf eine Frage, die die BBC aufgeworfen hat und schreibt [fa]: 

Ashraf Ghani will über die Menschen auf Grundlage von Millionen durch Wahlbetrug erlangten Stimmen regieren, aber die Menschen werden dass nicht zulassen.

Der Journalist Ahmad Mukhtar berichtet über Missgunst aus dem Lager von Abdullah: 

Aktuell: Das Lager von Abdullah sagt uns, es sei totaler Betrug. Über zwei Millionen gefälschte Stimmen für Ghani.

Aufgrund der Vorwürfe des Wahlbetrugs, könnten in einigen Wahlbezirken die Auszählungen wiederholt werden. Die amerikanisch-afghanische Autorin Freshta Kazemi geht davon aus, dass ein Viertel aller Stimmen neu ausgezählt werden wird.

Vorläufige Ergebnisse der afghanischen Wahlen. Ein Viertel der Stimmen werden aufgrund der Vorwürfe massiver Wahlfälschung geprüft.

Kein Kompromiss?

Vor der Bekanntgabe der Ergebnisse hatten Ghani und Abdullah scheinbar aneinander vorbei geredet, als sich ihre Unterstützer über soziale Medien untereinander bekriegt [en] hatten. Der Vorsitzende des IEC, Zia ul-Haq Amarkhail, musste zurücktreten, nachdem das Wahlkampfteam um Abduallah behauptet hatte, im Besitz von Aufnahmen zu sein, auf denen er anordne, die Wahlurnen mit Stimmen für Ghani zu füllen.

A truck states its support for Abdullah Abdullah (picture tweeted by @alibomaye)

Plakat zur Unterstützung von Abdullah Abdullah auf einem Transporter. (Foto wurde von @alibomaye getwittert. Abdullah Abdullah ist die Person in der Mitte.)

Am Morgen des 7. Juli erklärte Ashraf Ghani, die Stimmen der Menschen zu respektieren:

Die Stabilität Afghanistans liegt in der Stabilität des Volkes. Daher müssen der Wille und die Stimmen des Volks respektiert werden.

Abdullah Abdullah veröffentlichte eine ähnliche Botschaft, betonte dabei aber eine bestimmte Art der Wahlstimmen, der “sauberen” Stimmen.

Und noch einmal gebe ich hiermit bekannt, dass ich mich dazu verpflichte, für die sauberen Stimmen des afghanischen Volkes einzustehen.

Diese sauberen Stimmen unterscheiden sich, so erklärt er, von Phantomstimmen.

Wahlergebnisse, bei denen die Phantomstimmen nicht von den sauberen Stimmen getrennt wurden, sind inakzeptabel für uns!

Laut des ehemaligen BBC-Journalisten und Menschenrechtsaktivisten Ramin Anwar sei Ashraf Ghani bereit, mit Abdullah Abdullah zu verhandeln, um Konflikt oder Gewalt zu vermeiden.

Ashraf Ghanis Lager sagt, Raum für “Gespräche” sei vorhanden und alles, was möglich ist, solle unternommen werden, um Gewalt zu verhindern.

Unterdessen werden auf Twitter Gerüchte aufgewirbelt, der US-amerikanische Botschafter in Afghanistan sei dazu gezwungen worden, eine Erklärung abzugeben, dass er nicht daran beteiligt gewesen sei, den Prozess des IEC zu unterstützen und als Vermittler zwischen den Wahlkampfteams agiert zu haben.

Der US-Botschafter ist nicht beim IEC.

 Übergabe an Abdullah

In Afghanistans erster demokratischen Machtübergabe steht viel auf dem Spiel und die Frage, die Global Voices im April stellte, ist so aktuell wie eh und je. Bei der Beantwortung wird viel davon abhängen, was Afghanistans größter Verlierer [en] Abdullah Abdullah und seine Millionen Anhänger tun werden.

Unterhaltung beginnen

Für Autoren: Anmelden »

Richtlinien

  • Alle Kommentare werden moderiert. Sende nicht mehrmals den gleichen Kommentar, damit er nicht als Spam gelöscht wird.
  • Bitte geh respektvoll mit anderen um. Hass-Kommentare, Obszönes und persönliche Beleidigungen werden nicht freigeschaltet..