3 Wege, die Russlands Regierung zur Überwachung des Internets plant

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Hoffen Russlands Regierungsvertreter, zu den sozialen Netzwerken und Internetdiensten freien Zugang zu erhalten? Fotomontage des Autors.

Alle Links in diesem Artikel führen, soweit nicht anders gekennzeichnet, zu russischsprachigen Webseiten.

Ein neues russisches Gesetz wird am 1. August 2014 wirksam. Es fordert von einer Vielzahl von Webseiten und Internetdiensten, sich in einem staatlichen Register offiziell eintragen zu lassen. Seiten und Anwendungen, die es den Internetnutzern erlauben, miteinander zu kommunizieren, werden dazu verpflichtet, die Nutzerdaten sechs Monate lang auf in Russland stehenden Servern zu speichern und diese Informationen russischen Vollstreckungsbehörden zugänglich zu machen. Verschiedene Behörden sind jetzt damit beschäftigt, Ausführungsbestimmungen zu entwerfen, die festlegen werden, wie die staatlichen Stellen das neue Internetrecht in die Praxis umsetzen sollen. 

Vier Verordnungs-Entwürfe haben heute in Russlands Tageszeitungen für Schlagzeilen gesorgt. Ergänzend hat das Internetportal Habrahabr.ru die Dokumente im vollständigen Wortlaut veröffentlicht

Die vorgeschlagenen Verordnungen enthalten im Wesentlichen drei Punkte: 

1. In einer Welt ohne Tron [de] kämpft niemand für die Rechte russischer Internetnutzer. 

Webseiten und Anwendungen werden dazu aufgefordert, alle Informationen über ihre Nutzer elektronisch zu archivieren (Logins, Email-Adressen, Kontaktlisten, alle Änderungen des Nutzerkontos, eine Liste aller aufgerufenen DNS-Server [de] und so weiter). Der jeweilige Inhalt der im Internet ausgetauschten Nachrichten muss jedoch nicht gespeichert werden (wenn man seinem Facebook-Freund schreibt “Nieder mit Putin!”, würden Russlands Überwacher nur sehen, dass eine Nachricht an einen Facebook-Freund geschickt wurde, jedoch nicht, dass der Absender den Kreml verflucht hat).

2. Der Kreml ist vorsichtig genug, keine schlafenden Hunde zu wecken.

Seiten und Dienste, die nur für den “persönlichen, familiären oder täglichen Bedarf” bestimmt sind, werden von dem neuen Gesetz ausgenommen. Allerdings gilt diese Ausnahme nicht für den Austausch von Informationen, die “öffentlich-politischer Natur” sind und ebenso nicht für Konversationen mit einer unbestimmten Zahl von Teilnehmern. Onlinehandel, wissenschaftliche und schulische Aktivitäten, sowie beispielsweise die Arbeitssuche, sind ebenfalls ausgenommen. Sultan Suleimanow von TJournal hat sich darüber lustig gemacht, dass diese Ausnahmeregelungen “für jedermann, außer für Nawalny” gelten (dem prominentesten Antikorruptions-Blogger des Landes). Russlands Behörden seien vorsichtig genug, die unpolitischen Internetnutzer nicht zu stören.

3. Ein Abwahlverfahren könnte Russlands Regierung eine Hintertür mit uneingeschränktem Zugang zu allen Daten einer Webseite öffnen. 

Schließlich wird der Inlandsgeheimdienst der Russischen Föderation [de] (das Gegenstück zum amerikanischen FBI) allen Webseiten und Internetdiensten die Alternative bieten, das Erfordernis der Vorratsdatenspeicherung abzuwählen, wenn sie der Regierung einen uneingeschränkten und in Echtzeit möglichen Zugang zu ihren Daten gewähren. in diesem Fall würden Russlands Überwachungsbehörden einen völlig freien Zugang zu den Daten der Internetnutzer erhalten. Die staatlichen Stellen könnten diese Daten dann selber archivieren. Einem Informanten aus dem Innenministerium zufolge hat der Staat überhaupt nicht die nötigen Ressourcen für eine derart umfangreiche Speicherung von Daten (mit anderen Worten: Zusätzliche Einnahmequellen müssten erschlossen werden). 

Es ist genau dieser dritte Punkt, der sich bei der Durchsetzung der neuen russischen Internetregulierung als der bemerkenswerteste erweisen könnte. Wie viele Webseiten und Anwendungen werden sich dafür entscheiden, sich den Regierungsbehörden uneingeschränkt zu öffnen, um sich selbst den ganzen Ärger und die Kosten einer gesetzmäßigen Speicherung von Nutzerdaten zu ersparen? Wettet der Kreml darauf, dass er durch dieses Schlupfloch freien Zugang zum RuNet bekommt? Oder ist das Ganze bloß ein Trick der Bundespolizei zur Schröpfung des Staatshaushalts, indem sie einen erhöhten Bedarf an Subventionen anmeldet, die dann wie üblich geplündert werden? 

Selbstverständlich schließen sich Korruption und Zensur nicht gegenseitig aus. Das ist etwas, was Alexej Nawalny, der die vergangenen drei Monate ohne Internetzugang unter Hausarrest verbracht hat, auf die harte Tour lernen musste. 

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