5 bedeutende Filme aus dem frankophonen Afrika

Das festival panafricain du cinéma et de la télévision de Ouagadougou [fr] (FESPACO – Panafrikanisches Kino- und Fernsehfestival Ouagadougou) ist das größte Filmfestival Afrikas und findet alle zwei Jahre in Ouagadougou [de], Burkina Faso, statt und zwar gewöhnlich im März. Das Festival wurde erstmals im Jahre 1969 veranstaltet und hat seitdem zahlreiche Filme ausgezeichnet, die noch heute von Bedeutung sind.

Im Folgenden fünf der berühmtesten Filme aus dem frankophonen Afrika (ob sie nun Preise gewonnen haben oder nicht), die eine ganze Generation von Zuschauern geprägt haben:

Liebe, Sex und Ananas (Elfenbeinküste)

Poster du film BAL POUSSIERE - Domaine public

Filmposter LIEBE, SEX UND ANANAS – Public Domain

“Liebe, Sex und Ananas” (Originaltitel Bal Poussière) ist ein Film von der Elfenbeinküste, gedreht 1988 von Henri Duparc. Er wurde in Frankreich von 300.000 Menschen gesehen und behandelt auf satirische Weise das Thema Polygamie: Alcaly, genannt “Halbgott”, wirft, obwohl er bereits fünf Frauen hat, ein Auge auf die junge Binta, die kürzlich aus Abidjan zurückgekehrt ist. Hier ein Auszug:
[Embed]http://www.youtube.com/watch?v=sM9CNJhO1O8[/embed]
Gapont [fr] erklärt, warum dieser Film wichtig für ihn war:

Un petit bijou de fraîcheur et de spontanéité. Ce film a la candeur du cinéma de Renoir ou de Pagnol. Petit budget pourtant, acteur souvent amateurs, tourné en super 16mm et pourtant la magie est là, on se laisse porter par ces personnages incroyables. Du vrai cinéma.

Ein kleines Wunder an Frische und Spontaneität. Der Film hat die gleiche Treuherzigkeit wie Werke von Renoir oder Pagnol. Das Budget war klein, die Schauspieler sind größtenteils Amateure, gedreht wurde in Super 16 mm, aber der Zauber ist da, man lässt sich von den unglaublichen Charakteren mitreißen. Das ist wahres Kino!

Geh und lebe (Äthiopien)

Poster du film Va, Vis et Deviens - Public Domain

Filmposter Geh und lebe – Public Domain

Der Film “Geh und lebe” (Originaltitel Va, vis et deviens) ist eine französisch-israelische Koproduktion, gedreht im Jahre 2005 von Radu Mihaileanu. In einem äthiopischen Flüchtlingslager im Sudan überredet eine christliche Mutter ihren Sohn Shlomo, sich als Jude auszugeben, um dank der Operation Moses [de], in deren Rahmen zahlreiche Juden aus Äthiopien nach Israel gebracht wurden, eine Überlebenschance zu haben. Der als Waise geltende Shlomo wird von einer in Tel Aviv lebenden französisch-sephardischen Familie adoptiert. Er wächst in der ständigen Angst auf, dass jemand hinter sein Geheimnis kommen könnte. Hier der Trailer:

Janos451 schätzt die dramatische Intensität des Films [en]:

What makes the film extraordinary – what creates all the crying in the audience – is its honest and effective portrayal of the young refugee's isolation and loneliness, made worse by his belief that his escape is at the cost of his mother's life

Was den Film so außergewöhnlich macht und die Zuschauer zum Weinen gebracht hat, ist die ehrliche, überzeugende Darstellung der Isolation und Einsamkeit des jungen Flüchtlings, unter der er um so mehr leidet, da er glaubt, das Leben seiner Mutter sei der Preis für sein Entkommen gewesen.

Der Film beruht auf der Geschichte der Falasha [de] (äthiopischen Juden), die nach ihrer Einwanderung nach Israel trotz ihrer Bemühungen große Schwierigkeiten haben, akzeptiert zu werden. Momentan, da zahlreiche afrikanische Einwanderer in Israel für mehr Rechte demonstrieren, ist der Film wieder besonders aktuell.

 Un Homme qui Crie (Tschad) 

“Un homme qui crie” (wörtlich: Ein Mann, der schreit), ursprünglicher Titel “Un homme qui crie n'est pas un ours qui danse” (Ein Mann, der schreit, ist kein Tanzbär) ist ein Film des aus dem Tschad stammenden Regisseurs Mahamat Saleh Haroun und kam am 29. September 2010 in die Kinos. Er wurde bei den Filmfestspielen von Cannes 2010 mit dem Jurypreis ausgezeichnet. Der Originaltitel ist ein Zitat aus Zurück ins Land der Geburt (Cahier d’un retour au pays natal) von Aimé Césaire, Dichter aus Martinique. Erzählt wird die Geschichte von Adam, 55 Jahre alt, einem früheren Star des Schwimmsports, der nun in einem Hotel in N'Djamena als Bademeister arbeitet. Als das Hotel von chinesischen Investoren übernommen wird, muss er seinen Posten seinem Sohn Abdel überlassen.


Auf dem Blog Words of Katarina [en] findet sich eine Erklärung, worin die Bedeutung des Films liegt:

A Screaming Man talks about loss of self, not as a consequence of happenings beyond our control, but of the choices we make when life throws us off guard [..] It is in fact up to ourselves to decide what kind of person we want to be and how to express and live up to the decision once it has been made.

In Un homme qui crie geht es darum, dass man sich selbst verliert – nicht aufgrund von Ereignissen, die man nicht kontrollieren kann, sondern aufgrund der eigenen Entscheidungen, wenn das Leben einen überrascht. [..] Es ist an einem selbst, zu entscheiden, wer man sein möchte und wie man seine getroffenen Entscheidungen zeigt und lebt.

Tage des Ruhms (Algerien/Marokko) 

“Tage des Ruhms” (Originaltitel Indigènes) ist eine unter der Regie von Rachid Bouchareb entstandene algerisch-marokkanische Koproduktion, die 2006 in die Kinos kam.

Der Film erzählt davon, wie Abdelkader, Saïd, Messaoud und Yassir, drei Algerier und ein Marokkaner, den zweiten Weltkrieg und Europa entdecken. Sie reagieren mit Enttäuschung auf die Diskriminierung, die sie erleben, in ihnen erwachen aber auch Hoffnung und ein politisches Gewissen.

Sarah Elkaïm erklärt, worin die historische Bedeutung des Films [fr] besteht:

Personne ne s’était encore attaché à relater le sort de dizaines de milliers d’Africains, du Maghreb et au-delà du Sahara, qui, au sein de l’armée française, ont participé à la libération du pays qu’ils n’ont jamais, pour la plupart, cessé de considérer comme leur patrie. [..] c’est ce qui fait la force et l’émotion du film : les personnages sont construits, et pas prétextes. Ils sont humains : parfois lâches, peureux, ils sont avant tout des hommes venus libérer leur pays du joug nazi.

Vor diesem Film hatte noch niemand von dem Schicksal von Zehntausenden Afrikanern aus dem Maghreb und von südlich der Sahara erzählt, die als Soldaten in der französischen Armee an der Befreiung eines Landes beteiligt waren, das die meisten von ihnen stets als ihre Heimat betrachtet haben. [..] Hierin liegt die Stärke des Films: Die Figuren sind Konstrukte, kein Vorwand. Sie sind menschlich: Auch wenn sie manchmal ängstlich und feige sind, sind sie vor allem Menschen, die für die Befreiung ihres Landes vom Joch der Nazis kämpfen.

Tabataba (Madagaskar) 

Tabataba (das madagassische Wort für “Gemurmel”, aber auch ein Codewort für die Aufstände von 1947 [fr] in Madagaskar) ist ein Film von Raymond Rajaonarivelo [fr] aus dem Jahr 1988. Er erzählt vom Kampf eines madagassischen Dorfs für die Unabhängigkeit von der französischen Kolonialmacht. Die Rebellion sieht für die verschiedenen Dorfbewohner unterschiedlich aus – einige glauben an die Macht der Demokratie, andere halten Waffengewalt für notwendig.

Der Regisseur Raymond Rajaonarivelo erzählt, wie er das Filmdrehbuch [fr] geschrieben hat:

Tout le monde me racontait une histoire, jamais la même. Cela a donné lieu à une rumeur, Tabataba, qui me paraissait refléter ce que j’avais entendu là-bas. Ce sont toutes ces mémoires qui m’ont servi à écrire le scénario

Jeder erzählte mir eine Geschichte, es war immer eine andere. Das Ergebnis war ein Gemurmel, Tabataba, das mir das wiederzugeben schien, was ich vor Ort gehört hatte. All diese Erinnerungen halfen mir beim Schreiben des Drehbuchs.

Valérie Andrianjafitrimo, die seine Gedanken aufgezeichnet hat, fügt noch hinzu [fr]:

Car ce qui est crucial, dans ce jeu de balance auquel on assiste entre déni et commémoration, entre interprétation française renouvelée et pluralité des perceptions malgaches, ce n’est pas la vérité de l’historiographie, dont on voit bien qu’elle ne résoudra rien des ombres de la mémoire ni de la dimension symbolique de l’événement. C’est peut-être la voix alternative de la rumeur, ce « tabataba », ce bruit sourd, permanent, varié et variable, tantôt ténu, tantôt éclatant, tantôt victimaire, tantôt héroïque, qui est importante.

Entscheidend ist in diesem ständigen Schwanken zwischen Verdrängung und Gedenken, zwischen der neuen französischen Interpretation und den zahlreichen Arten der Wahrnehmung in Madagaskar, das wir beobachten, nicht die historische Wahrheit, bei der offensichtlich ist, dass sie nichts mit den Schatten der Vergangenheit oder der symbolischen Bedeutung des Ereignisses zu tun hat. Wichtig ist vielleicht die alternative Stimme des Gemurmels, das “tabataba”, dieses permanente, dumpfe Geräusch, das sich ständig wandelt – mal kaum zu hören, mal durchdringend, mal aus der Kehle von Opfern und mal von Helden.

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