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Video verprügelter Frauen schockiert Angola

Kategorien: Subsahara-Afrika, Angola, Bürgermedien, Frauen & Gender, Internetaktivismus, Menschenrechte

Am 7. Februar 2013 wachte Angola von den Schmerzensschreien und Peitschenhieben zweier Frauen auf. In nur drei Tagen wurde das auf Youtube hochgeladene 13-minütige Video bereits mehr als 25.000 Mal angeklickt, lief im öffentlichen Fernsehen und schockierte die angolanische Gesellschaft.

Die zwei Frauen waren beschuldigt worden Seife und Champagner gestohlen zu haben und wurden daraufhin auf brutale Art und Weise von mehrere Männern – auch dem Eigentümer des Kaufhauses – missbraucht und sexuell gedemütigt. Später berichteten die Opfer, dass die Folter neun Stunden gedauert habe.

Die Angreifer nutzten Macheten, Stangen und Schläuche, um die Frauen zu foltern, in einer Art, die an die Zeit der Sklaverei erinnert. In einem Land, in dem das Internet noch eine begrenzte Rolle spielt, war es gerade dieses Medium, das zum wichtigsten Mittel der Beobachtung wurde und diese „Privatjustiz“ bekannt machte. Das Internet wird in Angola erst langsam zum Symbol der Emanzipation und erst Stück für Stück zu einem Instrument der Beobachtung und Information zum Wohle der Bevölkerung, wie der Journalist Reginaldo Silva auf Facebook erläutert [1] [pt]:

Acho que a partir de hoje as redes sociais ganharam um outro estatuto junto de quem manda neste país, com as minhas atenções voltadas para o poder judicial…É importante que os poderes estabelecidos passem a encarar de outra forma a informação que se produz aqui…

Ich denke, dass ab heute die sozialen Netzwerke für die Machthabenden in diesem Staat eine andere Stellung gewonnen haben, vor allem mit der Hinsicht auf die richterliche Gewalt…. Es ist wichtig, dass die Machthaber verstehen, dass Information hier auf eine andere Art und Weise gemacht wird. …

viso: vídeo com imagens violentas. Partilhado no canal Youtube de ClubKnet [2]

Hinweis:  Video [2] mit Gewaltszenen (Link auf Youtube)

Zahlreiche Stimmen wandten sich gegen das Video und bekundeten ihr Bedauern und ihre Ablehnung über die verbreiteten Bilder, unter anderem der Generalstaatswalt Paulo Tchipilica und der Gouverneur von Luanda, Bento Bento. Dennoch ist Justino Pinto de Andrade [3] der Ansicht [4][pt], dass diesen beiden nicht glaubwürdig seien:

Todos os dias há violência gratuita e bárbara contra cidadãos, como se não tivessem direitos, os mais elementares direitos. Agora, fruto da exposição a que as referidas imagens tiveram direito, ouvimos manifestações de repúdio por parte do Procurador de Justiça, Paulo Tchipilica, e até mesmo por parte do Governador de Luanda, Bento Bento. A questão que eu coloco é a seguinte: dá para acreditar na manifestar de “pesar” exibida por estes dois responsáveis, quando nunca se ouve a sua voz de protesto, quando se agridem pessoas na rua, se molestam os manifestantes de forma bárbara

Jeden Tag gibt es grundlose und barbarische Gewalt gegen Bürger, als ob sie keine Rechte besäßen, nicht mal die elementaren Grundrechte. Jetzt hören wir dank der veröffentlichten Bilder Mitleidsbekundungen seitens des Generalstaatsanwalts, Paulo Tchipilica, und sogar vom Gouverneur von Luanda, Bento Bento. Die Frage, die ich mir jedoch stelle, ist die folgende: kann man dem „Mitleid“ dieser beiden Verantwortlichen glauben, wenn man doch sonst nie ihre Stimme hört, wenn Menschen auf der Straße überfallen und Demonstranten auf barbarische Art und Weise gequält werden?

Die Gruppe der parlamentarischen Frauen verurteilte ebenfalls die Gewaltszenen gegen die beiden Frauen.  In einer Pressemitteilung an die Nachrichtenagentur Lusa [5] [pt] sagte die Abgeordnete der MPLA und ehemalige Familien- und Frauenministerin Candida Celeste Silva:

O Grupo das Mulheres Parlamentares felicita os cidadãos que denunciaram o crime, considerando-o um atentado aos Direitos Humanos.

Die Gruppe der parlamentarischen Frauen gratuliert allen Bürgern, die das Verbrechen verurteilen, halten wir es doch für ein Verbrechen gegen die Menschenrechte.

Dennoch schreibt [6] [pt] der Journalist und Ex-Korrespondent der BBC, Reginaldo Silva, dass sich die meisten Frauen die Bilder ein weiteres Mal anschauen sollte:

Todas as senhoras que hoje ouvi a condenarem a cena de violência contra as duas mulheres, parecem ter ignorado que a mesma foi testemunhada no local por pelo menos três mulheres conforme as imagens comprovam facilmente. É um pormenor que faz alguma diferença e que não pode ser ignorado na hora de se fazer justiça…

Alle Frauen, von denen ich hörte, dass sie die Gewaltszenen verurteilen, scheinen ignoriert zu haben, dass das Verbrechen von mindestens drei anwesenden Frauen bezeugt werden kann, wie das Video leicht beweist. Es ist ein Detail, das durchaus einen Unterschied macht und beachtet werden sollte, wenn über Recht und Unrecht gesprochen wird…

Die „gestohlene“ Flasche, Champagner der Marke Moet Chandon, die nur 28 Euro kostet, wird seitdem innerhalb der sozialen Netzwerke mit dem Verbrechen in Verbindung gebracht, wie ein Fotos von Master Ngola Nvunji‎ [7] [pt] auf Facebook zeigt.

Aviso: vídeo com imagens violentas. Partilhado no canal Youtube de ClubKnet [2]

Hinweis: Video  [2]mit Gewaltszenen (Link auf Youtube)

Seit letztem Jahr erschüttern immer wieder Gewaltbilder und -videos die angolanische Gesellschaft. Anfang dieses Jahres verbreiteten sich Bilder eines Gefangenen, der in einem Gefängnishof ausgepeitscht wird [8] [Achtung: Video mit Gewaltbildern].

Im Blogog Círculo Angolano Intelectual [9] [pt] wird hervorgehoben, dass dieses Video bezeichnend für die angolanische Gesellschaft sei und auf welchem Wege sie sich befände.

Temos que repensar o tipo de País e sociedade, que queremos deixar aos nossos filhos e as gerações vindouras, e nesse aspecto temos todos que reagir e ninguém pode ficar indiferente,porque infelizmente casos como este é o nosso dia dia… a criminalidade é fruto da pobreza , miséria ,desemprego,politicas sociais injustas, a própria polícia com baixos salários mais preocupada com a gasosa para a sua sobrevivência do que a defesa do cidadão e do bem comum.

Wir müssen noch mal darüber nachdenken, was für ein Land und was für eine Gesellschaft wir unseren Kindern und den zukünftigen Generationen hinterlassen wollen. Und hier müssen wir alle handeln und niemandem darf das egal sein, denn leider sind solche Fälle wie diese ja alltäglich. Kriminalität ist ein Produkt der Armut, des Elends, der Arbeitslosigkeit, der sozial ungerechten Politik, wenn doch die Polizei sich selbst mehr um ihre gasosa [wörtlich Zitronenlimonade, Umschreibung für Schmiergeld] kümmert als um den Schutz der Bürger und des Allgemeinguts.

Das angolanische Staatsfernsehen berichtete, dass die Generalstaatsanwaltschaft und die Landespolizei die Verdächtigen bereits festgenommen hätten [10] [pt]. Die Generalstaatsanwaltschaft hob die Bedeutung der Verbreitung des Videos in den sozialen Netzwerken hervor.

Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit Janet Gunter [11].