Die Entführung einer Journalistin in Kirgisistan: ein dummer Witz oder ein Verbrechen?

Nazira Aytbekova, eine prominente TV Moderatorin in Kirgisistan, erhob Anklage gegen einen Journalisten einer Boulevardzeitschrift. Dieser hatte die Moderatorin entführt und mit Mord gedroht – als ein “Streich” gegen ihre Zeitung.

Laut Aytbekova [ru], die ein beliebtes Unterhaltungsprogramm des Staatsfernsehens moderiert, wurde sie mit Waffengewalt entführt und mit verbundenen Augen in ein verlassenes Gebiet außerhalb der Hauptstadt Bischkek gebracht. Mehrere Männer zwangen sie dann, sich teilweise auszuziehen und drohten ihr, sie zu vergewaltigen und zu töten. Einer der Männer filmte den ganzen Prozess. Nach einer gewissen Zeit bekam Aytbekova den Befehl, ihre Augen zu schließen. Als sie sie wieder öffnete, sah sie drei Journalisten des Boulevardblattes Super-Info aus Bischkek, die ihr mitteilten, dies sei ein Witz.

Aytbekova zu mindest fand den Witz nicht besonders gelungen. Als sie nach dem Vorfall mit den Medien sprach, sagte sie [ru], sie habe während der Entführung “fast einen Herzinfarkt” bekommen. Die Mutter der Journalistin teilte mit, dass Aytbekova Asthma habe und “ihr alles Mögliche passieren könnte”. Die Journalistin reichte bei der Polizei Klage ein.

Nazira Aytbekova bricht in Tränen aus, als sie über ihre “Schein-Entführung” spricht. Standbild aus dem Video “Black humor or innocent prank?”, auf YouTube hochgeladen am 2. November von KTRKkg.

Empörung über den “Witz”

Die “Scheinentführung” löste eine Flut hektischer, verärgerter Kommentare auf Foren und in sozialen Medien aus.

Alina Alymkulova twitterte [ru]:

@Alisha_A_: Ппц шуточки у “Супер-Инфо”.Всегда говорила,что дурацкая газета.Бедная Назира Айтбекова,могла инфаркт заработать,идиоты.

@Alisha_A_: ‘Super-Info’ macht wirklich [dumme] Witze. Ich habe schon immer gesagt, dass das eine dumme Zeitung ist. Arme Nazira Aytbekova, sie konnte einen Herzinfarkt bekommen. Idioten.

Zarema Zhunusova ergänzte [ru]:

@Zarema1407: И самое абсурдное,что если бы Айтбекова не подняла шумиху,то читатели лишь похихикали бы над этим “розыгрышем”, опубликованном в газете.

@Zarema1407: Es ist absurd, hätte Aytbekova keinen großen Rummel [um den Vorfall] gemacht, dann würden sich die Leser einfach nur amüsieren, wenn sie über den “Streich” in der Zeitung lesen würden.

Ebenfalls auf Twitter schrieb Sumsarbek [ru]:

@SumsarbekObbO: Сесуальное насилие – это не шутка!!!

@SumsarbekObbO: Sexuelle Gewalt ist kein Witz!!!

Der User ‘smarty’ hatte in dem Forum knews.kg [ru] eine ähnliche Meinung:

…ну извините, иммитировать износилование это уже не есть розыгрыш!!! Правильно, с такими идиотами только судться.

…Bedauere, aber [einer Frau das Gefühl machen, sie werde vergewaltigt], ist absolut kein Witz!!! Sie hat Recht, solche Idioten sollten vor Gericht gestellt werden.

Die Zeitung bestrafen?

Einige Netzbürger glauben, dass die Zeitung, für die die Entführer arbeiten, bestraft werden sollte. Der User ‘OOK’ schlug zum Beispiel vor [ru]:

закрыть эту нудную газетёнку за такие розыгрыши…и привлечь к уголовной ответственности этих дебилов за нарушение прав свобод человека и принесения морального и физического вреда…!!

diese langweilige Zeitung sollte für solche Witze abgeschafft werden… und diese Idioten sollten die Verantwortung vor einem Strafgericht tragen, da sie die Rechte und Freiheiten einer Person verletzten und ihr moralisches und physisches Leid zufügten…!!

Die Zeitung Super-Info behauptet jedoch, dass die Redaktion den Einsatz von Einschüchterungen und Gewalt durch die Journalisten, die Aytbekova entführten, nicht genehmigte. Zwei der Journalisten, die an dieser Aktion beteiligt waren, wurden gefeuert.

Aber einige Netzbürger sind nicht so überzeugt. Der User ‘Nazgul’ schrieb [ru]:

Руководство Супер инфо уже открестилось от этой истории, возложили вину на самих журналистов, но однако никто не задал вопроса о том, как такое может быть, чтобы журналисты все это творили без ведома руководства. В каждой редакции все действия журналистов обсуждаются на планерках утром, каждый день…

Die Geschäftsführung von Super-Info sagte bereits, dass sie nichts mit dem Vorfall zu tun habe und wies die Schuld den Journalisten zu. Niemand fragt aber, wie es möglich sein kann, dass die Journalisten dies (die Entführung) ohne Wissen der Geschäftsführung zu bewerkstelligen. In jeder Redaktion werden die Absichten und Pläne von Journalisten täglich in morgendlichen Besprechungen diskutiert…

Die Zeitung reagierte schnell, um den Schaden, der durch den Vorfall entstand, möglichst zu minimieren. Wie Adilet Kasymov auf kloop.kg behauptete [ru]:

Я специально не поленился и посмотрел как они раньше других звезд разыгрывали. Вы удивитесь на сайте все розыгрыши удалили. А также редакция газеты в данное время обзванивают всех звезд которые ранее тоже были разыграны и всех их заставляют подписать что они по собственному желанию были разыграны…

Ich wollte ihre Streiche mit anderen bekannten Persönlichkeiten verfolgen. Es überrascht vielleicht, aber sie haben alle Videos mit den Witzen von ihrer Internetseite gelöscht. Außerdem hat sich die Redaktion an die bisherigen “Betroffenen” solcher Witze gewendet, damit diese eine Einverständniserklärung unterschreiben.

Dennoch teilt Nazira Aytbekovas Ehemann mit [ru], dass er alles tut, um sicherzustellen, dass alle, die an diesem Vorfall mitgewirkt haben, zur Strafe gezogen werden:

То, что они сделали – это унижение, угроза изнасилования, угроза убийства. Все это будет рассматриваться согласно уголовному кодексу. Эти действия попадают под уголовную ответственность. Назад мы не пойдем. В редакции «Супер Инфо» меня не раз просили простить, но о прощении и речи быть не может.

Was sie getan haben, das ist Erniedrigung, Vergewaltigungs- und Morddrohung. All diese Handlungen werden strafrechtlich geprüft. Alle diese Handlungen unterliegen der Haftbarkeit. Wir werden keinen Schritt zurücktreten. Die Redaktion der Zeitung Super-Info bat mich mehrmals, ihnen zu vergeben. Aber Vergebung kommt hier nicht in Frage.

Dieser Artikel ist Teil von GV Zentralasien Praktikums Projekt der Amerikanischen Universität in Bischkek, Kirgisistan.

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