Dominikanische Republik: Das Verbrechen ein Rocker zu sein

Am Morgen des 2. September 2012 ereignete sich eines der schauerlichsten Verbrechen der letzten Jahre in der Dominikanischen Republik: der Mord an José Carlos Hernández (Chiva), einem jungen, 23-jährigen dominikanischen Rockmusiker, der in Argentinien wohnte.

Der Mord fand in einem Nachtclub im National District statt, nur ein paar Tage nachdem José Carlos für einen Urlaub ins Land kam. Die Verdächtigen (die das Opfer schon seit Jahren gekannt hatten) stachen 27 mal mit einer Waffe auf ihn ein, die die Polizei als ca. 25cm-langes ramboartiges Messer identifizierte.

Abgesehen vom Versagen der Staatsanwaltschaft eine offizielle Erklärung der Ereignisse abzugeben, beurteilten es viele, wie die Staatsanwältin Yeni Berenice – eine der anerkanntesten juristischen Persönlichkeiten – ein Verbrechen aus Hass. Sie definierte es auf ihrem Twitter-Account (@YeniBerenice) folgendermaßen:

JJosé Carlos Hernández. This photo has been widely disseminated throughout the Internet.

José Carlos Hernández. Dieses Foto ist im Internet weit verbreitet worden.

@YeniBerenice:  El crimen de odio se motiva en prejuicios en función de raza, género, religión, nacionalidad, ideología, orientación sexual…

@YeniBerenice: Verbrechen aus Hass sind durch Vorurteile in Hinblick auf Rasse, Geschlecht, Religion, Nationalität, Ideologie, sexueller Orientation… motiviert.

Nach der Hypothese, die von verschiedenen Regierungsbehörden geteilt wird, glaubt man, dass die Mörder den jungen Mann aufgrund sozial-ökonomischer Streitigkeiten töteten, da alle zur “Heavy-Metal-Szene” gehörten, deren Publikum im Land eher begrenzt ist. Doch als wäre die Grausamkeit des Mordes nicht genug um die Familie und Freunde des Opfers zu quälen, beschmutzte die Dominikanische Presse [es] das Gedenken an José Carlos dadurch, dass verschiedene Zeitungen Werturteile und Anschuldigungen des Satanistentums sowie der Ausübung teuflischer Rituale abdruckten, weil er Piercings und lange Haare hatte und sich anders anzog.

Die Anschuldigungen waren das Tagesthema und die gesellschaftlich konservativsten Sektoren wiederholten diese Verleumdungen immer wieder bevor sie Details und Zeugnisse des Falls veröffentlichten. Nichtsdestotrotz erklärten liberalere Fraktionen ihre deutliche Ablehnung der Situation wodurch letztendlich hitzige Debatten – vor allem in sozialen Netzwerken – über die verschiedenen Tabus und Vorurteile, die immer noch das nationale dominikanische Denken dominieren, ausgelöst wurden. Diverse einflussreiche Persönlichkeiten des Landes erklärten ihre Uneinigkeit mit der allgemeinen Reaktion auf das Verbrechen.

Mariana Barrenese, eine auf öffentliche Ordnung spezialisierte Ökonomin, teilte zum Beispiel Folgendes via Twitter [es]:

@MaruBarrenese: Ich bin Ökonomin, auf Finanzpolitik spezialisiert. Ich bin im TV, im Radio, und in den Zeitungen. Ich habe 3 Piercings and 3 Tattoos. #BastaDePrejuicios [es] (#GenugMitDenVorurteilen)

Ähnliches posteten Persönlichkeiten aus dem Showbusiness wie die Werbeträgerin, Ansagerin und Moderatorin Yolanda Martínez auf ihrem Twitterkonto @YolandaMart [es]:

@YolandaMart: Tattoos und Piercings machen mir keine Sorgen. Hass und Mangel an Mitgefühl tun es.

Andererseits positionierte der Autor und Korrespondent Camilo Venegas seine Kritik am Gebrauch der Medien und seiner Rolle in der Bewahrung von fehlenden gesellschaftlichen Werten auf Twitter, indem er sagte [es]:

@CamiloVenegas: Los medios de comunicación a veces se convierten en eficaces promotores de prejuicios y antivalores, como el machismo y el racismo.

@CamiloVenegas: Manchmal werden die Medien zu effektiven Fürsprechern von Vorurteilen und Anti-Werten, wie Machotum und Rassismus.

Gleichwohl war die Debatte nicht auf Twitter begrenzt, da die Mehrheit der dominikanischen Fernseh- und Radiosender der Diskussion der Angelegenheit Raum auf einem professionelleren und akademischen Level bot. Verschiedene Bürgerorganisationen beteiligten sich an der Diskussion und bis heute debattiert die Jugend die Pros und Kontras von Tattoos, Piercings und Vorurteilen in einem umfassenden Sinn.

Die Behörden haben noch immer keine der Versionen, die den Tathergang zu erklären versuchen, offiziell bestätigt, noch haben sie irgendeine Maßnahme angekündigt, die auf die Entschärfung bestimmter Überzeugungen und Überlegungen, welche die Doppelmoral untermauern, abzielen soll, die die Dominikaner sogar jetzt noch, im 20. Jahrhundert, als universelle und unwiderlegbare Wahrheiten ansehen.

Unterdessen gehen die Untersuchungen weiter und der soziale Druck die Fakten aufzuklären intensiviert sich — vor allem aufgrund des Mangels an Vertrauen in das dominikanische Justizsystem und die vielen verschiedenen Informationskanäle.

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