Turkmenistan: Ein Präsident mit Rekordlust und Karateschlag

Turkmenistans Präsident Gurbanguly Berdimuhamedow fällt unter den Staatsoberhäuptern aus dem Rahmen. Da sind zum Beispiel seine sportlichen Erfolge. Der selbsternannte Arkadag (Beschützer) trägt den schwarzen Gürtel in Karate (sechster Dan) und Taekwondo (siebter Dan). Er nimmt an klassischen Autorennen teil – und gewinnt sie. Der gelernte Zahnarzt und frühere Gesundheitsminister untersagte seinen Ministern das Rauchen und verpflichtete die Bevölkerung zum wöchentlichen Gesundheitsmarsch (Saglyk Yoly).

Unablässig singen die staatlich gelenkten Druckmedien ein Loblied auf die Erfolge des Staatsoberhaupts in den Bereichen Sport und Gesundheit – in einem Land, das im Pressefreiheitsindex der Reporter ohne Grenzen auf Platz 177 von 179 [en] rangiert.

Gurbanguly Berdimuhamedow, Präsident Turkmenistans. Quelle: Flickr-Nutzer Kerry-Jo (CC BY-NC 2.0)

Gurbanguly Berdimuhamedow, Präsident Turkmenistans. Quelle: Flickr-Nutzer Kerry-Jo (CC BY-NC 2.0)

Wesentlich schwieriger ist es, die Meinung gewöhnlicher Menschen über den Regierungschef und seine »Errungenschaften« zu erfahren. Turkmenische Netizen kommentieren nur selten Artikel auf Websites, die auf Servern in Turkmenistan gehostet werden. Dafür beteiligen sie sich andernorts rege an Online-Diskussionen, wobei sie häufig Anonymisierer verwenden.

Der Präsident und seine Auszeichnungen

Ende Mai überreichte [en] Farid Muchametschin, Vorsitzender des Staatsrats der Republik Tatarstan, Berdimuhamedow eine Kopie des russischen Fußballpokals, des zweitwichtigsten russischen Fußballpreises, und eine Goldmedaille der Landesliga. Die Auszeichnung löste auf chrono-tm.org [ru], einem von Exilturkmenen eingerichteten Nachrichtenblog und -forum, eine lebhafte Diskussion [ru] aus.

(Falls Ihnen die Verbindung zwischen Berdimuhamedow, dem russischen Fußball und Tatarstan unklar ist: Kurban Berdyjew, Trainer des erfolgreichsten tatarischen Fußballclubs und diesjährigen Gewinners des russischen Fußballpokals FC Rubin Kazan, ist Turkmene.)

Der Nutzer walders kommentierte [ru] die Auszeichnung so:

Татары молодцы, хитрый стратегический ход. Просчитали заранее все слабости. Непонятно только зачем ему российский кубок, тогда бы и с Дакара тоже дали бы, там они тоже преуспели. А может и к лучшему? Вдруг о спорте в целом , а детском в частности, озаботится. Все какой то положительный момент в его правлении появится.

Gut gemacht, Tataren, ein geschickter strategischer Zug. Sie kannten von vornherein alle Schwächen. Unklar ist nur, wozu er den russischen Pokal braucht. Ebensogut hätte man ihm den Preis der Rallye Dakar geben können, bei der sie ebenfalls erfolgreich waren. Aber vielleicht ist es zum Besten? Vielleicht kümmert er sich jetzt um den Sport im Allgemeinen und den Kindersport im Besonderen. Vielleicht kommt jetzt ein positives Moment in seine Regierung.

Nabljudatel spottete [ru]:

Осталось только скафандр торжественно вручить и объявить почётным космонавтом Туркменистана(да пожалуй, не только Туркменистана).

Fehlt nur noch, dass man ihm feierlich einen Raumanzug übergibt und ihn zum Ehrenkosmonauten Turkmenistans (und wahrscheinlich nicht nur Turkmenistans) ernennt.

Im gleichen Ton mutmaßte Barchan [ru]:

Возможно он вчера стал чемпионом мира по хоккею,вместе с командой России!

Vielleicht wurde er gestern mit der russischen Mannschaft Hockey-Weltmeister!

Alexxxgreen erkannte [ru] Parallelen zwischen Berdimuhamedow und der Titelfigur von Sacha Baron Cohens Film Der Diktator (der in Turkmenistan der Zensur [en] zum Opfer fiel), und ein weiterer Besucher urteilte [ru]:

как ребенка покупают за блестящие игрушки…президент-недоросль!!!самолетики,машинки,лодорчки…титул Будды остался!!!

Wie ein Kind wird er mit glitzerndem Spielzeug gekauft. Ein unreifer Präsident! Spielzeugflugzeuge, -autos, -schiffe. Der einzige Titel, der ihm noch fehlt, ist der des Buddha!

Ein kleines Land mit großem Spielzeug

Während sich viele Netizen spöttisch über die persönlichen Auszeichnungen des Präsidenten äußern, geben ihnen andere gefeierte Erfolge Turkmenistans Anlass zu Stolz und Patriotismus. Als in der turkmenischen Hauptstadt Aschgabat kürzlich das weltweit größte Riesenrad errichtet wurde, schrieb Mergen Annanurov [ru] im russischen sozialen Netz Moj Mir:

Das ist meine Stadt. Mein wunderbares Turkmenistan.

Auch Moj-Mir-Nutzer Mr. Nobody [ru] war begeistert:

Ich bin stolz auf meine Stadt.

Hingegen werden Turkmenistans Rekordprojekte in internationalen Netzen überwiegend mit Spott bedacht, wie die Kommentare zu einem Bericht über das Riesenrad [en] im Nachrichtenportal von Yahoo belegen.

Just go schrieb [en]:

Im sowjetischen Turkmenistan sitzt dir das Riesenrad im Nacken.

Greg warnte scherzhaft [en]:

Oben wird man rausgestoßen …

Old Geezer kommentierte [en]:

Verblüffend, dass ein Rattenloch wie Trukenistan Amerika übertrumpft. Wisst ihr noch? Das Amerika, das Großes schuf und tat!

Und george S kritisierte [en]:

90 Millionen sind eine Menge Geld für einen Rekord. Sicher gibt es keine Projekte, Zwecke und Menschen in Not, denen man dieses Geld hätte geben können. Bescheuert.

Der Häme westlicher Kommentatoren hielt anonymouse [en], möglicherweise ein Turkmene, entgegen, dass auch andere Länder Rekorde halten, die ihnen nicht zur Ehre gereichen:

Na und? Die USA haben mehr Schulden als alle anderen Länder und das wird wahrscheinlich auch so bleiben. Sind sie trotzdem ein großartiges Land?

Hinweis: Man sollte den turkmenischen Machthabern vielleicht zugute halten, dass sie nicht zweimal den gleichen Rekord aufzustellen versuchen. Wie Global Voices [en] berichtete, rühmt sich Tadschikistan jetzt des mit 165 Metern weltweit höchsten Fahnenmasten. Turkmenistan, mit 133 Metern 2008 noch Rekordhalter, ist damit auf den vierten Platz zurückgefallen. Es ist nicht geplant, den Fahnenmasten von Aschgabat zu »reparieren« oder zu ersetzen.

Unterhaltung beginnen

Für Autoren: Anmelden »

Richtlinien

  • Alle Kommentare werden moderiert. Sende nicht mehrmals den gleichen Kommentar, damit er nicht als Spam gelöscht wird.
  • Bitte geh respektvoll mit anderen um. Hass-Kommentare, Obszönes und persönliche Beleidigungen werden nicht freigeschaltet..